Beratungsseminar zur Wiedereinführung eines Fachabschlusses für Legistik

Teilnehmende des Seminars zur Ausarbeitung eines neuen Studiengangs für Legistik am 28. und 29. November 2022 in Tunesien.
Teilnehmende des Seminars zur Ausarbeitung eines neuen Studiengangs für Legistik am 28. und 29. November 2022 in Tunesien.
Tunesien

Am 28. und 29. November 2022 veranstaltete die IRZ gemeinsam mit der juristischen Fakultät der El Manar Universität in Tunis ein Seminar zur Ausarbeitung eines neuen Studiengangs für Legistik. Bei der Veranstaltung handelte es sich um die Auftaktveranstaltung eines großangelegten und vom Auswärtigen Amt im Rahmen der Ta´ziz-Partnerschaft geförderten Projekts zur Modernisierung des Justizsektors in Tunesien.

Als Experte für die IRZ nahm von deutscher Seite aus Herr Prof. Dr. Hans Hofmann teil, der an der Humboldt Universität zu Berlin ein Modul über Gesetzgebungslehre unterrichtet und außerdem über langjährige Erfahrungen im Bereich der Gesetzgebung verfügt, die er unter anderem durch seine Tätigkeit im deutschen Bundesministerium des Inneren sowie im Bundeskanzleramt erworben hat. Für die tunesische Seite war Herr Khaireddine Ben Soltan anwesend, der ehemalige Leiter der Gesetzgebungsabteilung der tunesischen Regierung.

Teilnehmende des Seminars waren rund 30 Dozenten und Dozentinnen der juristischen Fakultät der Universität El Manar, die den neuen Studiengang entwerfen und letztendlich darin auch unterrichten werden. Bei dem Beratungsseminar handelte es sich um das erste von vier geplanten Seminaren und Beratungen, die sich die komplette Entwicklung, Gestaltung und Ausarbeitung eines Studiengangs für Legistik zum Ziel gesetzt haben.

Während des Seminares wurden unter anderen die folgenden Themenbereiche behandelt und lebhaft diskutiert:

  • Notwendigkeit der Einführung eines Studiengangs für Legistik
  • Gesetzgebung und Legistik in Tunesien
  • Rechtssetzungsverfahren, methodisches Vorgehen und Gesetzesfolgenabschätzung in Deutschland und in Tunesien
  • Instrumente für die Erstellung guter und verständlicher Gesetze
  • Rechtliche und sprachliche Prüfung von Gesetzentwürfen
  • Normenkontrolle und die Rolle des Normenkontrollrats in Deutschland
  • Rolle der Gesetzgebungsabteilung der tunesischen Regierung und die finale Kontrolle von Gesetzestexten

Die durch den neu entwickelten Studiengang ausgebildeten jungen Experten und Expertinnen werden sowohl in der tunesischen Verwaltung wie auch bei der Regierung dringend benötigt, um eine gute und effiziente Gesetzgebung gewährleisten zu können.

Seminar „Gerichtliche Kommunikation und Gerichtsverwaltung“ in Tunis

Tunesien

Am 14. Juli 2022 führte die IRZ in Kooperation mit dem tunesischen Justizministerium ein Seminar zum Thema „Gerichtliche Kommunikation und Gerichtsverwaltung“ in Tunis durch. Mit dieser Maßnahme orientierte sich die IRZ an der aktuellen Reformstrategie der tunesischen Justiz, die unter anderem der Modernisierung der Justiz(-verwaltung) und damit auch einer Effizienzsteigerung innerhalb der Justiz eine hohe Priorität einräumt. Die Veranstaltung ist Bestandteil der Gemeinsamen Absichtserklärung über ein Arbeitsprogramm der Zusammenarbeit 2022 zwischen dem Bundesministerium der Justiz und dem Justizministerium der Republik Tunesien.

Von deutscher Seite wirkte Herr Christian Schmitz-Justen, Vizepräsident des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, mit und von tunesischer Seite Herr Hassen Miaadi, Leiter für die Kommunikation und offizieller Sprecher der tunesischen Eisenbahngesellschaft. Rund 30 Mitarbeitende der Verwaltung verschiedener Gerichte aus der Region Tunis tauschten sich mit den zwei Experten über Aspekte der internen und externen Kommunikation an Gerichten aus.

Die gerichtsinterne Kommunikation dient einer reibungslosen Verwaltung und Pflege der Kommunikationskanäle sowie zwischen der Richterschaft und des nicht-richterlichen Personals. Gerichtsextern muss die Kommunikation mit anderen Verwaltungsbehörden und anderen Akteuren der Justiz reibungslos funktionieren. Letzteres spielt eine bedeutende Rolle zur Beschleunigung von Verfahren und Arbeitsprozessen der Gerichte. Des Weiteren ist zur effizienten Arbeitsweise der Gerichte auch ein korrekt ermittelter Personalbedarf entscheidend.  

Während der tunesische Experte zu kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen referierte, ergänzte der deutsche Experte den theoretischen Part mit zahlreichen Praxisbeispielen aus dem OLG Köln. Die Teilnehmenden erfuhren mehr über konkrete Maßnahmen, die zur Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Justiz umgesetzt wurden, und erhielten so einen anschaulichen Blick in die deutsche Erfahrung am Beispiel des OLG Köln.

Insgesamt war das eintägige Seminar von intensiven Diskussionen und einem lebhaften Austausch geprägt. Die sehr aktive Beteiligung der Teilnehmenden verdeutlichte das große Interesse an dem Erfahrungsaustausch zwischen deutschen und tunesischen Kolleginnen und Kollegen. Es ist angedacht, im Herbst 2022 eine weitere Veranstaltung zu diesem Thema unter Einbindung weiterer Gerichte in einer anderen Region in Tunesien durchzuführen.

Konferenz „Recht und Digitalisierung“ in Tunis

Eröffnung der Konferenz. Auf dem Podium (v.l.n.r.): Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mustafa Ben Letaief, Dekan der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Eröffnung der Konferenz. Auf dem Podium (v.l.n.r.): Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mustafa Ben Letaief, Dekan der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Tunesien

„Recht und Digitalisierung“ war das Thema der Konferenz, welche die IRZ am 4. und 5. März 2022 gemeinsam mit der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tunis El Manar in Tunis veranstaltete.

An der Konferenz im Hybridformat beteiligte sich für die IRZ Dr. Lars Bierschenk, Richter am Landgericht Bonn, vormals abgeordnet zum Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (ITD). Insgesamt waren rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei.

Aus Tunesien nahmen folgende Expertinnen und Experten teil:

  • Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät
  • Chawki Gaddes, Präsident der Nationalen Instanz zum Schutz personenbezogener Daten (INPDP)
  • Kamel Rezgui, Dozent an der Hochschule für Kommunikation in Tunis und Rechtsanwalt beim Kassationsgerichtshof
  • Badii Ben Abbes, Zivilrichter dritten Grades, Sfax
  • Kaouther Selmi, Geschäftsführerin „SIMARL“ (Rechtsdienstleister im Bereich der alternativen Streibeilegung)
  • Mélanie Clément-Fontaine, Professorin an der Universität Paris-Saclay
  • Valérie Laure Benabou, Professorin an der Universität Paris-Saclay
  • Khaylan Ben Abdessalem, Doktorandin und Mitglied der die Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden

Während der Konferenz wurden u.a. folgende Themenbereiche behandelt:

  • Digitalisierung und Datensicherheit
  • Online-Wahlen und E-Demokratie
  • Algorithmisierung des Rechts und Digitalisierung der Justizdienste
  • Digitalisierung und Zivilstreitigkeiten
  • Auswirkungen der Digitalisierung auf das Vertragsrecht
  • Elektronischer Rechtsverkehr in Deutschland

Gerade im Justizwesen ist die Digitalisierung ein aktuelles Thema, das als Chance mit vielen Hindernissen thematisiert wird. In diesem Kontext setzte die Konferenz den Schwerpunkt auf rechtliche Aspekte und Methoden der Digitalisierung mit Bezug auf die Rechtssysteme in Tunesien, Deutschland und Frankreich. Die Diskussionen thematisierten auch die besonderen Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich der Justiz, die rechtlichen Auswirkungen des digitalen Wandels und die Frage, inwiefern das Rechtssystem mit der Digitalisierung Schritt halten kann. Einigkeit herrschte darüber, dass die Digitalisierung mittlerweile eine zentrale Herausforderung ist, die durch das Recht begleitet werden muss.

Zu dieser Thematik plant die IRZ weitere vertiefende Veranstaltungen im Jahr 2022.