Tatsachenfeststellung bei Gericht und Vernehmungstechniken im Strafverfahren

Teilnehmende des ToT-Workshops in Amman zum Thema Tatsachenfeststellung bei Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren
Teilnehmende des ToT-Workshops in Amman zum Thema Tatsachenfeststellung bei Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren
Jordanien

Am 20. und 21. Dezember 2022 veranstaltete die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium, dem Justizrat und der jordanischen Justizakademie ein zweitägiges Seminar zur Tatsachenfeststellung vor Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren. Die Teilnehmenden aus Jordanien waren Richterinnen und Richter verschiedener Gerichte sowie Angehörige der Gerichtsinspektion.

In ihren Vorträgen gingen die deutschen und jordanischen Sprecher u.a. auf folgende Themen ein:

  • Entwicklung von Ermittlungs- und Verhörkompetenzen
  • Beweiswürdigung im Strafverfahren
  • Irrtum als unbewusste Fehlerquelle
  • Lüge als bewusste Fehlerquelle

Eröffnet wurde das Seminar durch Herrn Sidi M. O. Khairy, IRZ-Projektbereichsleiter für den Nahen Osten. Er begrüßte die Teilnehmenden im Namen der IRZ und begleitete die Diskussion mit Fragen und Anregungen. Auf jordanischer Seite wurde die Veranstaltung durch Vorträge von Herrn Richter Ayman Al-Ghazzawi und Richter Ashraf Al-Abdullah begleitet. Die beiden Referenten sind Gerichtsinspektoren und referierten über die Entwicklung von Ermittlungs- und Verhörkompetenzen in Jordanien. Als Experte für die IRZ referierte Herr Dr. Arnd Weishaupt, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf.

Das ToT-Seminar legte den Fokus auf die Durchführung der Zeugen- und Beschuldigtenvernehmung sowie die Würdigung ihrer Angaben. Dabei wurde unter anderem der Irrtum als unbewusste Fehlerquelle diskutiert. Ein Irrtum kommt bei Zeugenvernehmungen deutlich häufiger vor als man annehmen sollte. Fehler bei der Wahrnehmung von Ereignissen durch Zeugen und bei der Reproduktion seiner oder ihrer Erinnerungen spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch das bewusste Lügen, die Grundsätze der Vernehmungslehre, Vernehmungspsychologie sowie Fragetechniken wurden im Seminar behandelt.

Die teilnehmende Richterschaft war am Inhalt des Seminars sehr interessiert und beteiligte sich während der Diskussion mit vielen Fragen und praxisorientierten Anregungen. Es wurde deutlich, dass es viele Ähnlichkeiten in der Durchführung der Vernehmungen zwischen jordanischen und deutschen Richterinnen und Richtern gibt. Vor allem hinsichtlich der Vernehmungslehre und Fragetechniken lassen sich viele Gemeinsamkeiten feststellen.

Die IRZ führte das ToT-Seminar im Rahmen einer Projektförderung des Auswärtigen Amts zum Thema „Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien 2020 – 2023“ durch.

Kooperation zwischen Rechtsmedizin und Justiz im Zivil- und Strafrecht

Jordanien

Am 26. und 27. September 2022 veranstaltete die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizrat und der jordanischen Justizakademie zwei Online-Seminare zur Kooperation zwischen Rechtsmedizin und Justiz in Jordanien und Deutschland.

Für die IRZ nahmen Herr Christian Schmitz-Justen, Vizepräsident des Oberlandesgericht Köln, Herr Bernhard Theisen, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Köln, Univ.-Prof. Dr. med. Michael Bohnert vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Würzburg und Herr Andreas Stüve, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf an den Veranstaltungen teil.

Themenschwerpunkte der Veranstaltungen

Die erste Veranstaltung mit einem zivilrechtlichen Schwerpunkt ging vor allem auf die Grundsätze des Sachverständigenwesens sowie die rechtlichen und praktischen Fragen bei der Beteiligung medizinischer Sachverständiger in Deutschland und in Jordanien ein.

In der zweiten Veranstaltung lag der Fokus auf der Kooperation zwischen Justiz, Rechtsmedizin und Ermittlungsbehörden bezogen auf das Strafrecht.

In ihren Vorträgen gingen die deutschen und jordanischen Sprecher unter anderem auf folgende Themen ein:

  • Aufbau und Strukturen der Rechtsmedizin in Deutschland und Jordanien sowie formale Abläufe der Rechtsmedizin-Ausbildung,
  • Verfahren und Vorgehensweisen zur Feststellung von ärztlichen Behandlungsfehlern und strafrechtliche Konsequenzen,
  • allgemeine Fragen der Arzthaftung sowie
  • die richterliche Interpretation medizinischer Gutachten.

Rechtsmedizin in Jordanien

Es wurde deutlich, dass es viele Ähnlichkeiten vor allem im Arzthaftungsrecht und hinsichtlich der Einbeziehung von Sachverständigen und deren Gutachten gibt. Unterschiede zeigten sich unter anderem in der Ausbildung und Struktur der Rechtsmedizin in den beiden Ländern.  Während die Rechtsmedizin in Deutschland selbstverwaltet ist, ist sie in Jordanien an das Gesundheitsministerium angegliedert. Außerdem gibt es in Jordanien derzeit lediglich 19 Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner. Diese Zahl soll in den kommenden Jahren deutlich erhöht werden.

Die Teilnehmenden aus Jordanien waren Richterinnen und Richter verschiedener Gerichte, Vertreterinnen und Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie Angehörige der Rechtsmedizin.

Die Online-Seminare wurde im Rahmen der institutionellen Förderung durch das Bundesministerium der Justiz durchgeführt

Alternative Strafsanktionen zur Entlastung von Justiz und Strafvollzug

Jordanien

Die IRZ veranstaltete in Kooperation mit dem jordanischen Justizrat und der jordanischen Justizakademie einen Online-Erfahrungsaustausch zur Anwendung von alternativen Strafsanktionen und Alternativen zur Untersuchungshaft am 21. September 2022.

Die Teilnehmenden aus Jordanien waren Richterinnen und Richter verschiedener Gerichte und Vertreterinnen und Vertreter der Staatsanwaltschaft.

Schwerpunkte des Online-Erfahrungsaustausch

Die folgenden Themen bildeten den Schwerpunkt des fachlichen Austauschs:

  • Alternative Strafsanktionen und ihr Anwendungsgebiet in Jordanien und Deutschland (Hürden, Vor- und Nachteile)
  • Rechtlicher Rahmen, Verfahren und Bedingungen für die Anwendung von alternativen Strafsanktionen und Alternativen zur Untersuchungshaft
  • Verfahren und Arbeitsmechanismen der Behörden bei der Anwendung von alternativen Strafsanktionen und Alternativen zur Untersuchungshaft in Deutschland

Rechtliche Grundlagen für alternative Strafsanktionen in Jordanien

Auf jordanischer Seite hielt Richter Dr. Hassan Al-Abdallat von der Staatsanwaltschaft Amman einen Vortrag zu den verschiedenen alternative Strafsanktionen und den rechtlichen Grundlagen dafür in Jordanien. So wurden im Jahr 2017 im Zuge einer Reform der Strafprozessordnung in Jordanien verschiedene Alternativen zur Untersuchungshaft (insbesondere für Bagatelldelikte) in das Gesetz aufgenommen. Unter anderem wird beispielsweise die elektronische Fußfessel eingesetzt oder es gibt die Möglichkeit Sozialstunden als Alternative zu einer Gefängnisstrafe abzuleisten.

Vorträge zu den Themen Strafvollzug und Resozialisierung in Deutschland

Für die IRZ nahmen Herr Andreas Stüve, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und Herr Pascal Décarpes, internationaler Berater der Europäischen Union im Bereich Strafvollzug und Resozialisierung an der Veranstaltung teil. In ihren Vorträgen gingen sie auf das Privatklageverfahren, Opportunitätsentscheidungen, das Instrument der beschleunigten Verfahren und die Strafaussetzung zur Bewährung ein. Außerdem wurde über die Bewährungshilfe und die Straffälligenhilfe und in diesem Zusammenhang die große Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen diskutiert.

Entlastung des Strafvollzugs

Während des Austauschs wurden die Unterschiede aber auch Ähnlichkeiten in den zwei Systemen beider Länder deutlich. Grundlegendes Interesse sowohl in Jordanien als auch in Deutschland besteht allerdings darin, die (Straf-)Justiz sowie den Strafvollzug zu entlasten.

Gefördert durch das Bundesministerium der Justiz

Die Veranstaltung wurde im Rahmen der institutionellen Förderung durch das Bundesministerium der Justiz durchgeführt.