Algerien – Jahresbericht 2023

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

In Algerien war die politische Lage im Berichtsjahr weitgehend stabil. Durch Erdgasexporte ist das Land weiterhin ein wichtiger wirtschaftlicher Partner für viele Länder der Europäischen Union, sodass die geostrategische Bedeutung auch vor dem Hintergrund des anhaltenden Kriegs Russlands gegen die Ukraine zunimmt. Gleichzeitig bleibt die Wirtschaft bei hoher Inflation stark von Preisschwankungen auf dem Erdgasmarkt abhängig, was die Bevölkerung zunehmend belastet.

Die Bemühungen Algeriens um eine Aufnahme in die Vereinigung der Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (sogenannte BRICS-Staaten) zum Jahr 2024 scheiterten vorerst. Die politischen Beziehungen zwischen Algerien und Marokko sind durch den Westsahara-Konflikt weiterhin angespannt, jedoch sind Hilfsangebote vonseiten Algeriens nach dem schweren Erdbeben in Marokko im September 2023 erfolgt.

Im Rahmen des Aktionsplans 2020 zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz setzt die Regierung ihren verstärkten Kurs zur Reform und Modernisierung der Justiz im Allgemeinen und der Wirtschaftsgerichtsbarkeit im Besonderen fort.

Konzeption

Die IRZ unterstützt Algerien weiterhin bei der Umsetzung des Aktionsplans 2020. Dabei stehen die Förderung der Unabhängigkeit der Justiz, Effizienzsteigerung, Korruptionsbekämpfung sowie die Schaffung eines gleichberechtigten und fairen Zugangs zu Recht und Justiz für alle Bürgerinnen und Bürger im Fokus.

Dr. Stefan Cassone, Leiter der JVA Essen, während seines Vortrags zur Implementierung internationaler Standards im Strafvollzug in Algerien, aufmerksam verfolgt durch den Generaldirektor der algerischen Strafvollzugsbehörde, Said Ezreb (links), und Mohamed Montasser Abidi, Projektbereichsleiter der IRZ (rechts).

Die IRZ arbeitet gemeinsam mit dem Justiz- und Wirtschaftsministerium, der Strafvollzugsbehörde, der Richterhochschule sowie der Rechtsanwaltskammer an einer Umsetzung der Reformvorhaben.

2023 verstärkten die IRZ und die algerische Justiz ihre Zusammenarbeit insbesondere im Bereich „Menschenrechte“, „Straf- und Strafvollzugsrecht“ sowie „Wirtschaftsrecht“. Im Rahmen einer regionalen Konferenz unter Einbindung verschiedener Partnerstaaten Nordafrikas lag der thematische Schwerpunkt auf dem Schutz und der Förderung von Investitionen. Im Bereich Strafvollzug und Strafrecht fokussierte sich die IRZ auf die Weiterführung der langjährigen Zusammenarbeit zur Implementierung internationaler Standards im Strafvollzug.

Tätigkeitsschwerpunkte 2023

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Konferenz zum Thema „Praktische Anwendung von internationalen Menschenrechtskonventionen – Menschenrechtsschutz auf Justizebene“ in Algier (Präsenz-Veranstaltung)

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Regionalkonferenz zum Thema „Optimierung des Investitionsklimas und Förderung von Investitionsanreizen und Investitionsschutz“ in Tunis in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer und den Justizministerien Tunesiens, Marokkos und Mauretaniens (Hybrid-Veranstaltung)

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Experteninnen- und Expertengespräch zur Implementierung internationaler Standards im Strafvollzug in Algerien (Präsenz-Veranstaltung)

Rechtspflege

  • Beteiligung der algerischen Anwaltschaft bei einer internationalen Studienreise nach Berlin zur „Stärkung des Rechtsbeistands zum Schutz von vulnerablen Gruppen in der Justiz“ in Zusammenarbeit mit der Bundesrechtsanwaltskammer

Ausblick

Auch im Jahr 2024 strebt die IRZ die Fortführung der Unterstützung der algerischen Justiz und der Reformbestrebungen des Aktionsplans 2020 der Regierung an. Eine Vertiefung in der Zusammenarbeit im Bereich des Wirtschaftsrechts sowie des Straf- und Strafvollzugsrechts wird schwerpunktmäßig angestrebt. Beratungen im Bereich der Rechtspflege, insbesondere zur Effizienz der Justiz hinsichtlich einer Verkürzung der Prozessdauer sowie Modernisierung und Digitalisierung der Justizverwaltung, sollen wieder aufgegriffen werden. Bei der Projektimplementierung legt die IRZ großen Wert auf die Förderung der Süd-Süd-Kooperation, um Synergieeffekte sowie Frieden und Stabilität in der Region zu unterstützen. Die Süd- Süd-Kooperation zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Ländern des globalen Südens zu stärken und ihre Entwicklung zu fördern. Durch den Austausch von Ressourcen, Wissen und Erfahrungen können diese Länder voneinander lernen und gemeinsam Lösungen für ihre ähnlichen Herausforderungen finden.