Vom 20. bis 24. Oktober 2024 führte die IRZ in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium der Republik Moldau praxisorientierte Workshops für Fachkräfte des moldauischen Justiz- und Strafvollzugssystems in Chişinău durch. Zum Auftakt der Veranstaltung betonte Herr Staatssekretär Ruslan Lungu die Bedeutung der Reform des Strafvollzugs hinsichtlich der EU-Integration der Republik Moldau. In praxisorientierten Workshops unter der Leitung von Dr. Arne Wieben, Leiter der Justizvollzugsanstalt Bremervörde, Jörg Sprenger, Leiter des Ambulanten Justizsozialdienstes Niedersachsen und Silvie Hawliczek, Sozialdirektorin a.D., konnten die Teilnehmenden neue Ansätze und Instrumente zur effektiveren Strafvollzugs- und Bewährungsarbeit kennenlernen.
Ein Schwerpunkt der Workshops lag auf der Einführung des Instruments zur Einschätzung des Rückfallrisikos und der bedürfnisorientierten Nachbetreuung zwecks einer gezielten Vollzugsplanung, die individuelle Rückfallrisiken erfasst und Betreuungsbedarfe berücksichtigt. Darüber hinaus wurden das Risikomanagement im Vollzug und in der Bewährungshilfe sowie das Übergangsmanagement zwischen Strafvollzug und Bewährung vorgestellt. Hier ging man auch auf spezielle Bewährungsprogramme aus Niedersachsen für jugendliche Straftäter und Sexualstraftäter ein, die auch für die moldauische Praxis wertvolle Impulse liefern können. Der Workshop zur psychologischen Einschätzung und zur Erstellung individueller Risikoprofile wandte sich an die moldauischen Gefängnispsychologinnen und -psychologen. Mit Fallbeispielen aus dem moldauischen Strafvollzug vertieften die Teilnehmenden ihre Kenntnisse in der Diagnose und Erstellung individueller Risikoprofile.
Im Rahmen des EU-Annäherungsprozesses wird die Zusammenarbeit zwischen der IRZ und der Republik Moldau weiter fortgeführt, um die umfassende Strafvollzugsreform zu unterstützen.
Seit 2008 begleitet die IRZ die Republik Moldau im Aufbau und Umsetzung einer separaten Verwaltungsgerichtbarkeit. Ein zentrales Projekt ist die Beratung bei der Ausarbeitung des Verwaltungskodex, der das Verwaltungsverfahrensgesetz und das Verwaltungsprozessgesetz umfasst. Der Verwaltungskodex, der 2018 verabschiedet und 2019 in Kraft getreten ist, stellt einen Meilenstein für die Entwicklung eines modernen Verwaltungsrechts in der Republik Moldau dar.
Um die praktische Umsetzung des Verwaltungskodex zu fördern, setzt die IRZ gemeinsam mit dem Nationalinstitut der Justiz und dem Obersten Justizrat der Republik Moldau den Fokus auf die Aus- und Fortbildung von Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern. Im Mai und Oktober 2024 ermöglichte die IRZ zwei Studienreisen nach Köln und Bonn sowie im Juni und Dezember 2024 zwei dreitägige Trainings in Chișinău, um moldauische Richterinnen und Richter optimal bei der Anwendung des neuen Verwaltungskodex zu unterstützen.
Insgesamt nahmen zwei Gruppen mit jeweils 15 Verwaltungsrichterinnen und-richtern sowie Lehrkräfte des Nationalinstituts der Justiz an diesen Programmen teil. Ein weiteres Grundlagentraining für neu ernannte Verwaltungsrichterinnen und -richter findet zudem im November 2024 statt.
Die Schulungen werden von Herrn Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden und Herrn Dr. Georg Blasberg, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Köln fachlich begleitet. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen stehen praxisorientierte Anwendungsfragen, die anhand von Fallbeispielen intensiv erarbeitet werden. Die Teilnehmenden erhalten darüber hinaus die Gelegenheit, an mündlichen Verhandlungen am Verwaltungsgericht Köln teilzunehmen und so wertvolle Einblicke in die deutsche Gerichtspraxis zu gewinnen.
Neben den Fortbildungsmaßnahmen setzt die IRZ ihre Beratungsarbeit zur Reform des Verwaltungskodex auch im Jahr 2024 fort und unterstützt die Republik Moldau bei der Anpassung und Modernisierung ihrer Verwaltungsrechtsreform.
Im Rahmen der Beratungen zur Reform des Strafvollzugsrecht der Republik Moldau setzte die IRZ vom 10. bis 14. Juni 2024 eine Studienreise nach Niedersachsen um. Vertreterinnen und Vertreter des Justizministeriums der Republik Moldau, der Nationalen Strafvollzugsbehörde und der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft gehörten zu den Teilnehmenden. Dr. Thomas Smollich, Staatssekretär im Niedersächsischen Justizministerium empfing die Delegation, die auch mehrere Justizvollzugsanstalten besuchte.
Dr. Smollich unterstrich in seiner Begrüßungsrede, dass das Niedersächsische Justizministerium die moldauischen Kolleginnen und Kollegen gern bei der Einführung eines progressiven Strafvollzugs unterstütze, dies insbesondere vor dem Hintergrund des EU-Beitrittskandidatenstatus des Landes. Im anschließenden Fachgespräch, das Dr. Stephanie Springer, Leiterin der Abteilung III (Justizvollzug) moderierte, wurden Fragen rund um die Arbeit und die Zuständigkeiten des Justizministeriums in Bezug auf das Vollzugswesen vertieft.
Die Delegation besuchte zudem die Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremervörde, die Jugendanstalt Hameln, die JVA für Frauen sowie die JVA für Jungtäter in Vechta und konnte sich ein Bild über unterschiedliche bedarfsorientierte Ansätze machen.
Die IRZ berät die Republik Moldau bei der umfassenden Reform des Strafvollzugsrechts seit 2017. Im Zuge der EU-Integration stellt die Einführung eines progressiven Strafvollzugs nach europäischen Standards einen wichtigen Baustein dar. Die Fortsetzung und Vertiefung der Zusammenarbeit ist daher auch zukünftig geplant.