Moldau - Jahresbericht 2018

Hochrangige Delegation der Republik Moldau nach Verabschiedung des Verwaltungskodexes zu Gast in Berlin: Raisa Apolschii, Abgeordnete, Vorsitzende des Rechtsausschusses des moldauischen Parlaments, Ion Druţă, Präsident des Obersten Gerichtes, Christiane Wirtz, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Igor Vremea, Abgeordneter, Mitglied des Rechtsausschusses (im Vordergrund v.l.n.r.)
Hochrangige Delegation der Republik Moldau nach Verabschiedung des Verwaltungskodexes zu Gast in Berlin: Raisa Apolschii, Abgeordnete, Vorsitzende des Rechtsausschusses des moldauischen Parlaments, Ion Druţă, Präsident des Obersten Gerichtes, Christiane Wirtz, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Igor Vremea, Abgeordneter, Mitglied des Rechtsausschusses (im Vordergrund v.l.n.r.)

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Das im Juli 2016 in Kraft getretene EU-Assoziierungsabkommen bildet die Grundlage der für eine europäische Integration der Republik Moldau erforderlichen Reformen, auch wenn nach der Wahl des moldauischen Staatspräsidenten im Jahr 2016 wieder stärkere Tendenzen hin zu einer Annäherung an Russland zu verzeichnen sind. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang wirksame demokratische und rechtsstaatliche Instrumente und Mechanismen zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und der Vermeidung von Korruption bei transparenter, effektiver Strafverfolgung, gerade auch in Fällen wie dem seit 2014 schwelenden Bankenskandal. Darüber hinaus ist es wichtig, zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere mit jungen Juristinnen und Juristen, stärker einzubeziehen. Die Rechts- und Justizreformen sind in dieser komplexen und vielschichtigen politischen Situation für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung. Die ursprünglich für Ende 2018 angedachten Parlamentswahlen sind nun im Frühjahr 2019 geplant. Es wird sich zeigen, ob diese Wahlen zu einem Reformschub führen werden.

Konzeption

Die IRZ versucht in dieser Gemengelage, die Rechts- und Justizreformen in der Republik Moldau mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln einer fachorientierten Beratung und einer dementsprechenden Fortbildung von Juristinnen und Juristen aller Berufe zu unterstützen und damit einen Beitrag zu einer gefestigten Rechtsstaatlichkeit zu leisten. Schwerpunkte der Zusammenarbeit lagen im Berichtsjahr auf den Gebieten des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungsprozessrechts einschließlich der Fragen der Einführung einer in die ordentliche Gerichtsbarkeit integrierten Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Reform des Strafprozessrechts und dem folgend des Strafvollzugsrechts. Ein Verwaltungskodex, bestehend aus einem allgemeinen, einem verwaltungsverfahrensrechtlichen und einem verwaltungsprozessrechtlichen Teil, wurde nach über zehnjähriger Zusammenarbeit 2018 verabschiedet und tritt am 1. April 2019 in Kraft.

Hier wird nun die Aus- und Fortbildung der zukünftigen Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter sowie von Beamtinnen und Beamten und Studierenden ein Schwerpunkt der Arbeit der IRZ sein. Die Beratungen zur Reform des Strafprozessrechts sind bislang nicht abgeschlossen und werden fortgesetzt, die Beratungen zum Strafvollzugsrecht stehen noch am Anfang. Durch das vom moldauischen Justizministerium 2016 entwickelte Strategiepapier wurden systematische Reformansätze für die Zeit von 2016 bis 2020 festgelegt. Hier wurde die IRZ um fachliche Unterstützung gebeten. Ein neues Justizvollzugsverwaltungsgesetz trat im Juni 2018 in Kraft. Daneben bedarf das Strafvollzugsgesetz einer Überarbeitung. Darüber hinaus begleitet die IRZ auch im Rahmen von EU-Projekten in der Republik Moldau fachlich die Rechts- und Justizreformen.

Tätigkeitsschwerpunkte 2018

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Fachkonferenz zum moldauischen Zivilgesetzbuch mit der Staatlichen Universität in Chişinău
  • Erstellung eines Handbuchs zur Relations- und Urteilstechnik

Rechtspflege

  • Fachtagung zum aktuellen Stand des moldauischen Notarrechts und zum Aufbau der Notarkammer in Chişinău

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Drittes Arbeitstreffen zur Besprechung der ausgearbeiteten Textänderungen zur moldauischen Strafprozessordnung in Chişinău
  • Fachgespräche zu den Gesetzesänderungen im Strafprozessrecht mit größerer Fachöffentlichkeit in Chişinău
  • Praxisorientierte Fortbildung zur wirksamen Ermittlung von Wirtschaftsstraftaten mit Beteiligung von Offshore-Unternehmen insbesondere mit Schwerpunkt auf verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in Chişinău
  • Ausbildungsmaßnahme für das Justizvollzugspersonal der Einweisungsabteilung in Gojan
  • Klausurtagung und Fachgespräch zur Beratung des neuen Gesetzentwurfs zum moldauischen Justizvollzug in Chişinău
  • Fachtagung der Generalstaatsanwaltschaft zur Rolle der Strafverfolgungsbehörde in Chişinău

Öffentliches Recht

  • Fachgespräch zum dritten Teil des Verwaltungskodexes (Verwaltungsprozessrecht) in Chişinău
  • Arbeitsbesuch einer moldauischen Delegation zur Verwaltungsgerichtsbarkeit in Berlin und Leipzig
  • Nationale Fachkonferenz mit Fachöffentlichkeit anlässlich der Verabschiedung des moldauischen Verwaltungskodexes in Chişinău
  • Erste Ausbildungsmaßnahme zur Implementierung des Verwaltungskodexes in Chişinău
  • Zweite Ausbildungsmaßnahme zur Implementierung des Verwaltungskodexes in Chişinău

Aus- und Fortbildung

  • Studienreise in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung mit jungen Juristinnen und Juristen zum Thema „Grundlagen des Justizsystems in Deutschland“ in Bonn und Köln
  • Forschungsreise eines Vorstandsmitglieds der moldauischen NGO „Invento“ zur Resozialisierung von straffälligen Jugendlichen in Köln und Düsseldorf
  • Ausbildungsseminar für moldauische Staatsanwälte im Bereich Presse und Medien in Kooperation mit der American Bar Association Rule of Law Initiative (ABA ROLI) in Chişinău, Bălţi, Cahul
  • Seminar zur Gesetzgebungstechnik in Kooperation mit der Hanns-SeidelStiftung im Rahmen des zweiten Jugendparlaments in Chişinău

Von der Europäischen Union finanzierte Projekte

EU-Technical-Assistance-Projekt: Support to the Police Reform in the Republic of Moldova

Unter Federführung des belgischen Partners B&S ist die IRZ seit Oktober 2018 an der Implementierung des Projekts „Support to the Police Reform in the Republic of Moldova“ beteiligt. Das Projekt ist auf 38 Monate angelegt und hat ein Volumen von knapp 2,7 Mio. Euro. Ziel des Projekts ist eine Angleichung der Arbeit der Polizei in Moldau an europäische bzw. internationale Standards. Das Innenministerium und die zentrale Polizeidirektion stehen als begünstigte Behörden im Mittelpunkt. Inhaltlich knüpft das Projekt teilweise an das Projekt „Support to the Pre-Trial Investigation, Prosecution and Defence Set-Up“ an, das die IRZ federführend bis Anfang 2017 implementierte.

Zu den Inhalten des Projekts gehören: Erhöhung der Effizienz, Transparenz und Professionalität der Polizei, Unterstützung eines transparenten Auswahl- und Beförderungsverfahrens, Verbesserung der Aus- und Weiter bildung der Polizeiangehörigen sowie der polizeilichen Vollzugsarbeit und der Zusammenarbeit zwischen den Behörden, Unterstützung des Innenministeriums und der Zentralen Polizeidirektion bei der Öffentlichkeitsund Aufklärungsarbeit und internen Planungs- und Budgetierungsabläufen.

EU-Twinning-Projekt: Capacity Building of the National Centre for Personal Data Protection of the Republic of Moldova

Dieses Twinning-Projekt wird seit Oktober 2017 von der IRZ und dem lettischen Justizministerium als Juniorpartner implementiert. Im Rahmen des 24 Monate dauernden Projekts, das ein Gesamtbudget von 1 Mio. Euro hat, wird das Nationale Zentrum für Datenschutz der Republik Moldau (NCPDP) dabei unterstützt, den persönlichen Datenschutz und die Privatsphäre mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und den Standards der EU in Einklang zu bringen. Diese haben sich insbesondere mit dem Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 geändert. Überdies soll der Austausch von Daten zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Republik Moldau abgesichert und u. a. die EU-Richtlinie 2016/680 zur Verarbeitung personenbezogener Daten in nationales Recht umgesetzt werden.

Das Projekt gliedert sich in drei Komponenten, innerhalb derer im Berichtsjahr folgende Ziele bereits erreicht werden konnten:

  • Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung im Bereich des persönlichen Datenschutzes mit dem EU-Acquis | Nach einer vergleichenden Analyse wurde ein neues Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten entworfen. Die geplante Übernahme dieses Gesetzentwurfs in das moldauische Recht soll die künftige Arbeit des NCPDP auf eine solide Rechtsgrundlage stellen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für den Austausch von personenbezogenen Daten zwischen Moldau und den EU-Mitgliedstaaten.
  • Unterstützung des NCPDP und anderer relevanter Institutionen bei der Umsetzung des neuen Datenschutzgesetzes | Die entsprechenden Maßnahmen werden in der zweiten Hälfte des Projekts fortgesetzt. So sollen beispielsweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NCPDP mit Lösungswegen bei Ermittlungen und Beschwerdeverfahren vertraut gemacht werden.
  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie der Personen, die Daten überprüfen und verarbeiten | Kommunikationsmaßnahmen, die sich an die Öffentlichkeit richten, Fortbildungen und Workshops für den Privatsektor, Medien sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NCPDP sollen dazu beitragen, ein positives Bild von der Rolle des NCPDP im Land und eine bessere Wahrnehmung des Datenschutzthemas im Allgemeinen zu vermitteln. In diesem Zusammenhang sind auch Veranstaltungen in den Regionen geplant, um so eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen. Für den künftigen Erfolg des NCPDP sind Vertrauen und Akzeptanz der verschiedenen Akteure in der moldauischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung und stellen auch die Nachhaltigkeit des Projekts sicher.

Ausblick

Die Ausbildungsmaßnahmen zur Implementierung des Verwaltungskodexes für die Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender werden 2019 fortgesetzt. Auch die erforderlichen Beratungen zur Strafprozessordnung, insbesondere durch Fortbildungsseminare zum Strafverfahrensrecht und zum Ermittlungsverfahren, werden ebenfalls fortgeführt. Im Zuge des Strategiepapiers zur Reformierung des Strafvollzugs wird die Zusammenarbeit mit dem moldauischen Justizvollzugsamt durch Beratungen zum Gesetzentwurf und zur progressiven Strafvollstreckung ausgebaut. Die IRZ strebt zudem an, die frühere Zusammenarbeit zum Anwalts- und Notarrecht mit den moldauischen Partnern wieder aufzugreifen. Außerdem sollen die praxisorientierten Fortbildungen für Richterinnen und Richter der Zivil- und Strafgerichte und möglicherweise auch des Verfassungsgerichts zur Erhöhung von Qualität und Transparenz richterlicher Entscheidungen fortgeführt werden.