Moldau - Jahresbericht 2016

Eröffnungsrede des Vizejustizministers Anatolie Munteanu (2.v.r.) beim Seminar „Zusammenwirken der Strafverfolgungs-organe und Steigerung der Effektivität der Strafverfolgung“ in Chișinău

Eröffnungsrede des Vizejustizministers Anatolie Munteanu (2.v.r.) beim Seminar „Zusammenwirken der Strafverfolgungsorgane und Steigerung der Effektivität der Strafverfolgung“ in Chișinău

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Auf dem von der Republik Moldau angestrebten Weg nach Europa ist Deutschland ein wichtiger Partner. Auch wenn es nach wie vor Auseinandersetzungen über den richtigen Weg gibt, so ist doch das Assoziierungsabkommen mit der EU in Kraft getreten und könnte weitere Impulse für die rechtlichen Reformen geben. Auch die von der IRZ seit 2005 in der Republik Moldau durchgeführten Beratungen zur Unterstützung der Transformation und der Rechts- und Justizreformen genießen trotz aller innerstaatlichen kontroversen Diskussionen und Lösungsansätze eine hohe Wertschätzung, haben doch das deutsche materielle Recht und das Verfahrensrecht eine Vorbildfunktion gerade auch in den Staaten der früheren Sowjetunion. Die rechtspolitische Diskussion war im Berichtsjahr geprägt vom Strafverfahren gegen den früheren Ministerpräsidenten und von der für Ende Oktober 2016 angesetzten Wahl des Staatspräsidenten, der auf der Grundlage eines Verfassungsgerichtsurteils vom Frühjahr 2016 nunmehr wieder direkt gewählt wurde. Außerdem waren die Verabschiedung eines neuen Gesetzes über die Staatsanwaltschaft und die damit verbundene Umstrukturierung der moldauischen Staatsanwaltschaft wichtige Themen im Berichtsjahr. Nicht zuletzt standen die Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit der lange verzögerten Nachbesetzung des Amts des Generalstaatsanwalts im Fokus.

Konzeption

Auch im Berichtsjahr wurde die Arbeit mit Zuwendungen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und mit Projektförderungen des Auswärtigen Amts bestritten. Die teils schon jahrelangen Bemühungen der IRZ wurden für die Bereiche Verfassungsgerichtsbarkeit, Justizreform und Staatsanwaltschaft durch drei EU-finanzierte Projekte maßgeblich intensiviert.

Ein deutlicher Schwerpunkt lag 2016 auf der Zusammenarbeit mit den Justizinstitutionen im Hinblick auf eine praxisorientierte Fortbildung von Zivilrichterinnen und Zivilrichtern sowie Strafrichterinnen und Strafrichtern. Auch wenn nach jahrelangen, von der IRZ fachlich begleiteten Vorarbeiten ein Verwaltungskodex immer noch nicht verabschiedet worden ist, wurde ein Entwurf dieses Kodex zumindest ins Parlament eingebracht. Es bleibt abzuwarten, ob und wann hierüber entschieden wird. Nichtsdestotrotz wurde damit begonnen, zukünftige Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter durch Fortbildungen in verschiedenen Bereichen des Verwaltungsrechts und des Prozessrechts bereits im Vorfeld auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten. Selbst wenn ein Verwaltungskodex in absehbarer Zeit nicht verabschiedet werden würde, werden verwaltungsgerichtliche Verfahren in der Republik Moldau zukünftig zunehmen.

Auf besondere Bitte des stellvertretenden Justizministers der Republik Moldau nahm die IRZ außerdem Beratungen zur Reformierung insbesondere des Strafverfahrensrechts auf.

Nicht zuletzt stieß das 2014 in Zusammenarbeit mit der Juristischen Fakultät der Staatlichen Universität begonnene Begleitstudium zur Einführung ins deutsche Recht mit seinen europäischen Bezügen auch im Berichtsjahr auf großes Interesse.

Tätigkeitsschwerpunkte 2016

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Fachgespräch beim Verfassungsgericht der Republik Moldau zur Normenkontrolle in Chişinău
  • Verfassungsrechtliche Konferenz zum Thema „Rolle des Verfassungsgerichtes bei der Lösung verfassungsrechtlicher Krisen“ in Chişinău

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Forschungsaufenthalt für eine Stipendiatin des Begleitstudiums an der Universität Bonn mit dem Schwerpunkt Gesellschafts- und Kartellrecht
  • Teilnahme eines deutschen Experten an der Konferenz zum Thema „Arbeitsgerichtsbarkeit“ in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung in Chişinău
  • Zwei Richterfortbildungsseminare zur Relations- und Urteilstechnik im Zivilrecht in Chişinău
  • Moot Court zum Thema „Zivilprozessrechtliche Maximen und Verfahrensablauf im Zivilprozess“ in Chişinău
  • Mitwirkung an der Konferenz der staatlichen Universität Moldau zum Internationalen Privatrecht in Chişinău

Rechtspflege

  • Begutachtung des Entwurfs des moldauischen Anwaltsethikkodex und Fachgespräch zur Anwaltsethik in Chişinău
  • Arbeitsbesuch zur Aus- und Fortbildung von Juristinnen und Juristen, insbesondere Richterinnen und Richtern, für das moldauische Nationalinstitut der Justiz in Trier, Köln und Recklinghausen
  • Konferenz der Richterassoziationen in Chişinău
  • Beratung zum Notarkammerwesen in Chişinău
  • Mitwirkung an der Konferenz zum Thema „Fortbildung des Rechts“ beim Obersten Gericht der Ukraine in Kiew

Öffentliches Recht

  • Zwei Fortbildungen zum Verwaltungsrecht in Chişinău
  • Klausurtagung zum moldauischen Verwaltungskodex (Verwaltungsgerichtsordnung und Verwaltungsverfahrensgesetz) in Trier
  • Praxisbezogener Erfahrungsaustausch für zukünftige moldauische Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter in Bonn, Koblenz und Brühl

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Fachgespräch beim Justizministerium der Republik Moldau im Rahmen der Beratungen zum Gesetzentwurf über die Haftung der kollegialen Organe in Chişinău
  • Vorstellung der Studie zu Alternativen zur Untersuchungshaft in Zusammenarbeit mit der Soros-Foundation in Chişinău
  • Fachgespräch zum Thema Compliance mit der nationalen moldauischen Antikorruptionsbehörde in Chişinău
  • Seminar zum Thema Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung im Strafverfahren in Chişinău
  • Seminar zum Thema „Zusammenwirken bei der Strafverfolgung“ in Chişinău
  • Beratung bei der Reform der Strafprozessordnung und der Staatsanwaltschaft im Rahmen von Fachgesprächen und Gesetzesbegutachtungen
  • Seminar „Arbeitsmethoden eines Strafrichters“ in Chişinău
  • Moot Court zum Thema „Strafrechtliche Prozessmaximen und Verfahrensablauf im Strafprozess“ in Chişinău
  • Fachgespräch und Fortbildung für Vertreterinnen und Vertreter der Strafverfolgungsorgane mit dem Schwerpunkt „Repressive Korruptionsbekämpfung“ in Chişinău

Aus- und Fortbildung

  • Begleitstudium zur Einführung in das deutsche und europäische Recht an der Staatlichen Universität der Republik Moldau
  • Zwei Seminare zur Methodentechnik: „Training of Trainers“ (Grundkurs und Aufbaukurs) in Chişinău
  • Teilnahme eines Studenten an der Summer School on Intellectual Property der Universität Bonn
  • Deutschkurs für Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Antikorruptionsbehörde in Chişinău
  • Teilnahme von Nachwuchsjuristinnen und Nachwuchsjuristen an der sechsten IRZ-Sommerschule „Deutsches Recht“ in Brühl und Bonn

EU-Projekte

Ausblick

Der gesamte Bereich der richterlichen Fortbildung wird auch in der Zukunft eine wichtige Rolle in der Zusammenarbeit mit der Republik Moldau spielen. Gerade bei der Technik und Ausgestaltung der richterlichen Arbeit besteht noch großer Handlungs- und Fortbildungsbedarf. Breiteren Raum werden auf ausdrückliche Bitte des Vizejustizministers voraussichtlich die Beratungen zur Reform des Strafverfahrensrechts einnehmen. Sollte im Parlament über den Entwurf eines Verwaltungskodex entschieden werden, wird die IRZ auch hierzu die Beratungen fortsetzen und an einer Implementierung mitwirken. Die Gesetzgebungsberatungen zu anderen einzelnen Reformvorhaben werden auch weiterhin im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, ebenso wie die bereits in der Vergangenheit behandelten Fragen der Gesetzgebungstechnik und der Gesetzesfolgenabschätzung. Die Zusammenarbeit im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege, insbesondere mit den Notarinnen und Notaren sowie mit der Anwaltschaft, wird wie der Studiengang zur Einführung in das deutsche Recht an der Staatlichen Universität, der von der juristischen Fakultät und den Studierenden sehr positiv aufgenommen wurde, fortgesetzt.

Laden Sie hier den gesamten Jahresbericht der IRZ im PDF-Format herunter: Jahresbericht 2016.