Marokko – Jahresbericht 2023

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Das Königreich Marokko ist ein wichtiger Partner für die Länder der Europäischen Union auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene.

Seit 2021 ist die Partei „Liberale Nationale Sammlung der Unabhängigen“ stärkste Kraft im Parlament, dessen Mitglied Aziz Akhannouch vom König zum Premierminister ernannt wurde. Das Land steht vor diversen Herausforderungen, hierzu zählen insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Zentralisierung wirtschaftlicher und politischer Potenziale in der Hauptstadt sowie Dürreperioden und Überschwemmungen. Zudem forderte ein Erdbeben Anfang September 2023 viele Menschenleben und beschädigte die Infrastruktur besonders in ländlichen Gebieten stark.

Marokko verfolgt weiterhin die vom König geförderte „Nationale Initiative für menschliche Entwicklung“ (INDH). Dies umfasst unter anderem die Stärkung der sozialen Fundamente des Staates, die Reformierung und Modernisierung der Wirtschaft zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze insbesondere für junge Menschen sowie die Stärkung von Good Governance in der Verwaltung. Hierbei stehen auch die Regionalisierung sowie die Dezentralisierung der Verwaltung im Fokus.

Der seit Oktober 2021 amtierende Justizminister Abdellatif Ouahbi führt die begonnene Reform des Strafrechts und des Strafprozessrechts fort und priorisiert dabei ausdrücklich die Einführung alternativer Strafen sowie die Digitalisierung der Justiz. Auch Reformen im Familienrecht werden angestrebt.

Konzeption

2023 führten die IRZ und die marokkanische Justiz ihre bilaterale Zusammenarbeit fort. Dabei sind die wichtigsten Partnerinstitutionen das Justizministerium, die Oberstaatsanwaltschaft und die Strafvollzugsbehörde.

Den Reformvorhaben der marokkanischen Regierung entsprechend lagen die Schwerpunkte der Zusammenarbeit auf wirtschaftsrechtlichen Themen, insbesondere auf Wettbewerbsschutz sowie Investitionsförderung und -schutz. Hierbei wurden auch regionale Austauschformate mit weiteren Ländern der Region (Tunesien, Algerien und Mauretanien) durchgeführt, um einen Beitrag zur Zusammenarbeit und Stabilität in der Region zu leisten. Gemäß der neuen Leitlinie des Auswärtigen Amts zur feministischen Außenpolitik berücksichtigt die IRZ in ihren Aktivitäten auch den Schutz von vulnerablen Gruppen in der Justiz.

Neben dem wirtschaftsrechtlichen Fokus bildet nun seit mehreren Jahren die Unterstützung der Reform der Strafjustiz und der Strafgesetzgebung eine weitere Säule der Aktivitäten der IRZ in Marokko. Im September 2023 wurde ein Gesetzentwurf unter anderem mit den von der IRZ behandelten Kernthemen, wie alternative Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft, in das marokkanische Parlament eingebracht.

Tätigkeitsschwerpunkte 2023

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Konferenz „Schutz des Wirtschaftssystems und des Wettbewerbs“ (Präsenz-Veranstaltung)
  • Regionalkonferenz zum Thema „Optimierung des Investitionsklimas und Förderung von Investitionsanreizen und Investitionsschutz“ in Tunis in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer und den Justizministerien Tunesiens, Algeriens und Mauretaniens (Hybrid-Veranstaltung)

Ausblick

Die IRZ wird die Reformen im Bereich des Strafrechts und des Strafvollzugs unterstützen sowie die weitere Entwicklung des Wirtschaftsrechts begleiten. Die angestrebte Reform des marokkanischen Familienstandgesetzes (Moudawana) könnte eine Möglichkeit für die IRZ bieten, im zivilrechtlichen Bereich verstärkt beratend tätig zu werden. Auch die Einbindung Marokkos in regionale Aktivitäten der IRZ ist weiterhin vorgesehen, um die regionale Stabilität und Annäherung zu fördern.