Mauretanien – Jahresbericht 2023

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Mauretanien ist eine islamische, präsidentielle Republik mit einer starken Konzentration politischer Befugnisse im Amt des Präsidenten, der gleichzeitig Präsident des Hohen Justizrats ist und somit auch für die richterliche Disziplin, die Ernennung und Entlassung aller Richterinnen und Richter sowie für Entscheidungen über die Reichweite richterlicher Kompetenzen zuständig ist.

Im Mai 2023 fanden in Mauretanien Parlaments- und Kommunalwahlen statt, die Partei „El Insaf“ ging erneut als stärkste Kraft hervor. Mit dem neuen Parlament wurde auch eine neue Regierung gebildet, wobei Mohamed Mahmoud Ould Cheikh Abdallahi Bin Boya für eine weitere Legislaturperiode als Justizminister bestätigt wurde. Im Jahr 2024 werden die Präsidentschaftswahlen abgehalten, für die der amtierende Präsident Mohamed Ould Cheikh Ghazouani erneut antreten wird.

Das Land sieht sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, darunter die anhaltende Armut, Arbeitslosigkeit und infrastrukturelle Probleme.

Mauretanien hat inzwischen die wichtigsten afrikanischen Menschenrechtsabkommen sowie die neun wichtigsten Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen gesetzlich verankert, wenn auch mit einigen Vorbehalten aufgrund der Scharia. Auch wenn es noch zu Menschenrechtsverletzungen kommt, unternimmt das Land dennoch erhebliche Anstrengungen, um diese internationalen Verpflichtungen in seine nationale Gesetzgebung, seine politischen Strategien und Leitlinien einzubinden. Dazu gehört auch eine Justizreform, die seit September 2020 sukzessive umgesetzt wird. Folgende Schwerpunkte sind Teil der Reform, um die Justiz unabhängiger und bürgernäher zu gestalten: Weiterentwicklung des Status der Rechtsberufe und Verbesserung ihrer Bedingungen, Erleichterung des Zugangs zur Justiz, Verbesserung der Qualität und Effizienz der Justiz, Reform des Strafjustizsystems und des Strafvollzugs, Digitalisierung der Justiz, Sanierung bestehender und Bau neuer Justizgebäude.

Konzeption

Seit 2023 ist Mauretanien offiziell ein Partnerstaat der IRZ. Dem gingen eine Bedarfsanalyse und eine erste Veranstaltung zum Thema „Digitalisierung der Justiz zwischen Realität und Perspektive“ unter Beteiligung der Bundesrechtsanwaltskammer und der Anwaltskammer Mauretaniens im November 2022 voraus. Projektpartner der IRZ sind derzeit insbesondere das Justizministerium Mauretaniens, die Aus- und Weiterbildungsinstitution für die Richterschaft (École nationale d’administration, du journalisme et de la magistrature) sowie die mauretanische Anwaltskammer. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit liegen auf der Stärkung der Menschenrechte und deren Berücksichtigung in der nationalen Rechtsprechung sowie im Bereich der Humanisierung des Strafvollzugs und auf einer verstärkt rechtsstaatlichen Ausrichtung des Strafrechts.

Tätigkeitsschwerpunkte 2023

Schwerpunkt Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Schulung „Praktische Anwendung von internationalen Menschenrechtskonventionen – Menschenrechtsschutz auf Justizebene“ in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium Mauretaniens und der Aus- und Weiterbildungsinstitution für die Richterschaft (ENAJM) in Nouakchott

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Regionalkonferenz zum Thema „Optimierung des Investitionsklimas und Förderung von Investitionsanreizen und Investitionsschutz“ in Tunis in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer und den Justizministerien Tunesiens, Algeriens und Marokkos (Hybrid-Veranstaltung)

Schwerpunkt Strafrecht und Strafvollzug

  • Schulung zu „Alternativen Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft“ in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium Mauretaniens in Nouakchott

Ausblick

Auch in 2024 möchte die IRZ im Rahmen der Möglichkeiten einen Beitrag zur langfristigen Orientierung der Justiz an rechtsstaatlichen und internationalen Standards und damit zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit durch juristischen Fachaustausch und Kapazitätsaufbau leisten. Zudem sollen Justizakteure Mauretaniens in regionale Aktivitäten der IRZ eingebunden werden, um die Süd-Süd-Kooperation zu unterstützen, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen Ländern des globalen Südens zu stärken und ihre Entwicklung zu fördern. Durch den Austausch von Ressourcen, Wissen und Erfahrungen können diese Länder voneinander lernen und gemeinsam Lösungen für ihre ähnlichen Herausforderungen finden.