110 Jahre Oberster Gerichtshof – Die IRZ zu Gast bei der Jubiläumsfeier in Albanien

Konferenz zum Thema „Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs: von nationaler Identität zu universellen Werten" anlässlich des 110. Jubiläums des Obersten Gerichtshofs der Republik Albanien, 10. Mai 2023, Tirana (Albanien).
Konferenz zum Thema „Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs: von nationaler Identität zu universellen Werten" anlässlich des 110. Jubiläums des Obersten Gerichtshofs der Republik Albanien, 10. Mai 2023, Tirana (Albanien).
Albanien

Anlässlich des 110. Jubiläums des Obersten Gerichtshofs der Republik Albanien fand am 10. Mai 2023 in Tirana eine internationale Konferenz zum Thema „Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs: von nationaler Identität zu universellen Werten" statt. Die IRZ und Richterin am Bundesgerichtshof Frau Babette Pohl waren Ehrengäste der Jubiläumsfeier.

Die Konferenz stand im Zeichen der albanischen Justizreform, des EU-Integrationsprozesses sowie der Rolle Oberster Gerichte für die Harmonisierung nationaler justizieller Praxen mit internationalen Standards.

Zu den Teilnehmenden der Konferenz zählten Richterinnen und Richter der Obersten Gerichte und Verfassungsgerichte aus Albanien, Italien, Frankreich, Aserbaidschan, der Türkei, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro, Deutschland, sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesfinanzhofs der USA.

In den Eröffnungsreden betonten der Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs Albaniens, Herr Sokol Sadushi, und die Präsidentin des Verfassungsgerichts Albaniens, Frau Holta Zaçaj, die Bedeutung eines unabhängigen Justizsystems als Essenz des Rechtsstaats und als Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz. Präsident Bajram Begaj erklärte, dass der Oberste Gerichtshof Albaniens einen unverzichtbaren Beitrag dazu leiste, die albanische Rechtsprechung in Einklang mit den Grundsätzen der europäischen Justiz zu bringen und den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. Frau Naureda Llagami, Vorsitzende des Hohen Justizrates Albaniens, hob wiederum die Notwendigkeit, aber auch die fortbestehenden Herausforderungen im Zuge der albanischen Justizreform hervor.

Von internationaler Seite unterstrich Frau Christiane Hohmann, Botschafterin der Europäischen Union in Albanien, die Bedeutsamkeit einer qualitativen und unabhängigen Justiz als einen der wichtigsten Grundpfeiler der EU-Integration. Sie betonte, dass Richter- und Staatsanwaltsräte die hohen Standards der Überprüfung einhalten sollten, um die Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht und angemessene Funktionsweise der Justiz sicherzustellen. Auch Frau Yuri Kim, Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika in Albanien, bekräftigte die Unverzichtbarkeit einer strikten Gewaltenteilung.

Im Rahmen der Konferenz diskutierten rund 15 Panellisten vor über 150 Teilnehmenden ausgewählte Fragestellungen im Zusammenhang mit:

  • der Rolle der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei der Gestaltung der nationalen Rechtskultur (Panel I)
  • der Berücksichtigung internationaler Standards in der Rechtsprechung Oberster Gerichte (Panel II)
  • dem Weg zur EU-Integration: Historische Perspektiven und aktuelle Herausforderungen bei der Ausgestaltung der Rolle Oberster Gerichte (Panel III und IV)

Die Konferenz bot den Teilnehmenden eine wertvolle Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und zur Diskussion gemeinsamer Herausforderungen. Die Bedeutung einer unabhängigen, integren und professionellen Justiz als Fundament des Rechtsstaats und des EU-Integrationsprozesses stand dabei stets im Vordergrund der Gespräche. Insbesondere wurde die essenzielle Rolle des Obersten Gerichtshofs Albaniens bei der Umsetzung der Justizreform herausgestellt.

Auf Einladung der IRZ referierte Frau Babette Pohl, LL.M., Richterin am Bundesgerichtshof, über das Verhältnis zwischen den europäischen Gerichten und dem Gerichtshof der Europäischen Union. In ihrem Vortrag hob Frau Pohl vor allem das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Artikel 267 AEUV zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts hervor und betonte die Widerstandsfähigkeit des europäischen Justizsystems trotz jüngster Auseinandersetzungen nationaler Verfassungsgerichte mit dem Gerichtshof der Europäischen Union. Der Vortrag endete mit dem Appell, dass die europäische Rechtsprechung ein wesentliches Instrument für den Schutz der Grundrechte, den Schutz von Minderheiten und den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit in Europa sei.  

Begleitet wurde Frau Pohl von Frau Dr. Frauke Bachler, Hauptgeschäftsführerin der IRZ, und von Frau Anja Finke, Stellvertretende Leiterin im Projektbereich Südosteuropa II / Südkaukasus. Im Rahmen der Feierlichkeiten führten sie zahlreiche Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Partnerorganisationen der IRZ aus Albanien und der Region.