Bosnien und Herzegowina - Jahresbericht 2019

Seminar zum Thema „Verhinderung der Geldwäsche“ in Zusammenarbeit mit der Anwaltskammer der Republika Srpska; während des Vortrags von Harriet Krüger (links am Rednerpult): Borislav Čvoro, Ermittler bei der SIPA; Rita Linderoth, IRZ, und Kammerpräsident Branislav Rakić (v.l.n.r.)
Seminar zum Thema „Verhinderung der Geldwäsche“ in Zusammenarbeit mit der Anwaltskammer der Republika Srpska; während des Vortrags von Harriet Krüger (links am Rednerpult): Borislav Čvoro, Ermittler bei der SIPA; Rita Linderoth, IRZ, und Kammerpräsident Branislav Rakić (v.l.n.r.)

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Bosnien und Herzegowina, das 2016 den Antrag auf Beitritt zur EU stellte, hat kriegsbedingt verspätet mit der Transformation begonnen. Deshalb ist die Umsetzung rechtsstaatlicher Standards besonders dringlich. Da sich das bosnisch-herzegowinische Recht traditionell am kontinentaleuropäischen orientiert, ist eine Beratung von deutscher Seite besonders nachhaltig. Schwierigkeiten ergeben sich in Bosnien und Herzegowina aufgrund des ausgeprägten föderalen Systems, dessen Entitäten nur eingeschränkt miteinander kooperieren.

Konzeption

Derzeit setzt die IRZ in Bosnien und Herzegowina einen Schwerpunkt bei der juristischen Aus- und Weiterbildung, wobei insbesondere Veranstaltungen zum Zivil- und Wirtschaftsrecht unterstützt werden. Zudem kooperiert die IRZ eng mit dem Verfassungsgericht des Gesamtstaats Bosnien und Herzegowina. Im Rahmen ihrer Aktivitäten schafft die IRZ bewusst auch Möglichkeiten einer Begegnung für Angehörige verschiedener Volksgruppen, um so ethnischen Spannungen entgegenzuwirken.

Neben dem Verfassungsgericht gehören die Edukationszentren für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die juristischen Fakultäten der Universitäten Sarajevo und Zenica sowie die Legal Aid-Organisation Vaša Prava zu den wichtigsten Partnern im Land.

Tätigkeitsschwerpunkte 2019

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Regionalkonferenz „Die Religionsfreiheit in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung“ zusammen mit dem Verfassungsgericht des Staats Bosnien und Herzegowina (BuH) in Teslić
  • Publikation der Referate der oben genannten Konferenz in einem Tagungsband
  • Beteiligung des Verfassungsgerichtspräsidenten von BuH und einer weiteren Richterin an der Regionalkonferenz „Gewaltenteilung und Gleichgewicht zwischen den Gewalten“ in Podgorica
  • Publikation ausgewählter Entscheidungen des Verfassungsgerichts von BuH aus dem Jahr 2018

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Herausgabe der Zeitschrift „Nova pravna revija – časopis za domaće, njemačko i evropsko pravo“, kurz: NPR (Neue Juristische Umschau Zeitschrift für regionales, deutsches und europäisches Recht), Betrieb und Ausbau der Website der NPR (www.nova-pravna-revija.info) mit umfangreichem Download-Bereich
  • Seminare im Ausbildungsprogramm des Justiztrainingszentrums der FBiH in Sarajevo zu den Themen:
    • „Kollektiver Rechtsschutz im Recht von BuH im Lichte des EU-Rechts (Verbraucherschutz und Diskriminierungsverbot)“
    • „Verhältnis zwischen dem EU-Recht und dem nationalen Recht unter besonderer Berücksichtigung des Verbraucherrechts“
    • „Richterliche Vorbereitung auf die Gerichtsverhandlung“
    • „Verfahrensführung und Erlass von Entscheidungen“

Rechtspflege

  • Regionale Konferenz zum Thema „Menschenrechtsschutz als Triebfeder für die Entwicklung des Familienrechts“ gemeinsam mit der juristischen Fakultät der Djemal-Bjedic-Universtität in Mostar im Rahmen der traditionellen jährlichen internationalen „Tage des Familienrechts“
  • Publikation der Referate der oben genannten Konferenz in einem Tagungsband
  • Fachgespräch zum Thema „Disziplinarrecht der Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte“ bei der Disziplinarstaatsanwaltschaft für Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, einer selbständigen Organisationseinheit im Gefüge des Hohen Richter- und Staatsanwaltsrats
  • Verbreitung weiterer IRZ-Publikationen in den Sprachen der Region in Bosnien und Herzegowina
  • Erstellung eines Gutachtens für die EU-Delegation in Sarajevo zur effektiven Gesetzgebung in föderal verfassten Staaten am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Seminar „Verhinderung der Geldwäsche – Anwendung der gesetzlichen Vorschriften der Anwaltspraxis in der Republika Srpska und die anwaltlichen Pflichten bezüglich der Geldwäscheprävention in Deutschland“ als erste gemeinsame Veranstaltung der IRZ mit der Rechtsanwaltskammer der Republika Srpska

Aus- und Fortbildung

  • Seminar „Arbeitsrechtliche Streitigkeiten – Die Anwendungspraxis der neuen arbeitsrechtlichen Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung von Arbeitsschutz, Mobbing und Diskriminierung“ zusammen mit der Legal Aid-Organisation Vaša Prava in Sarajevo
  • Veranstaltung zum Einfluss des deutschen Rechts auf das Recht von BuH aus Anlass der Verleihung der Zertifikate an die Absolventinnen und Absolventen der dritten Generation des deutschsprachigen Begleitstudiums im deutschen Recht an der juristischen Fakultät Sarajevo
  • Popularisierung des deutschen und europäischen Rechts durch weiteren Ausbau der „IRZ-Bibliothek des deutschen Rechts“ an der juristischen Fakultät in Sarajevo und Zurverfügungstellung von Literatur für einschlägig tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende an den juristischen Fakultäten im Osten von Mostar und in Zenica

Ausblick

Die IRZ wird 2020 ihre Projektarbeit in Bosnien und Herzegowina in enger Abstimmung mit ihren Partnern fortsetzen und vertiefen. Ein wichtiger Schwerpunkt wird hier die Fortführung der Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht des Staats und den beiden Edukationszentren für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sein. Die IRZ steht darüber hinaus bereit, nach Ende des gegenwärtigen Reformstaus wieder im Bereich der Gesetzgebungsberatung tätig zu werden, um die Rechtsharmonisierung zu unterstützen. Hierbei möchte sie insbesondere ihre Erfahrungen mit dem Föderalismus bezüglich der zu harmonisierenden Gesetzgebung der Kantone in der Föderation Bosnien und Herzegowina einbringen.