Nach einer erfolgreichen Veranstaltung mit der albanischen Notarkammer und der Bundesnotarkammer (BNotK) im Dezember 2020 weitet die IRZ die Kooperation aus. Im Rahmen dessen organisierte die IRZ gemeinsam mit der BNotK, der albanischen Notarkammer sowie dem EU-Projekt EURALIUS am 12. März 2021 das Online-Seminar „Staatliche Inspektionen und Geldwäscheprävention im Notariat“ als Auftaktveranstaltung einer Reihe zu notariellen Themen. Das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) finanzierte Seminar richtete sich an rund 25 albanische Notarinnen und Notare.
Neben der Teamleiterin von EURALIUS V, Dr. Agnes Bernhard, eröffneten Fatmir Laçej, Vizepräsident der Notarkammer Albanien, Richard Bock, Generalbevollmächtigter für Internationale Angelegenheiten der BNotK sowie Viktoria Hoebel von der IRZ die Teilnehmenden.
Das Seminar behandelte die folgenden drei Themenblöcke:
Geldwäscheprävention im Notariat nach der 5. EU–Geldwäscherichtlinie
Geldwäscheprävention in der notariellen Praxis
Inspektion im albanischen Notariat
Referenten des Seminars waren Notarassessor Martin Thelen, Mitglied der Geschäftsführung der BNotK, und Dr. Lovro Tomasic, Bevollmächtigter für Internationale Angelegenheiten der BNotK.
Martin Thelen referierte zum ersten Themenschwerpunkt und stellte dabei den rechtlichen Rahmen in Deutschland im Bereich der Geldwäschebekämpfung ausführlich dar. Mit Blick auf das Geldwäschegesetz ging er näher auf das Risikomanagement, die Sorgfalts- sowie die Meldepflichten ein. Die zwei folgenden thematischen Schwerpunkte übernahm Dr. Lovro Tomasic. Anhand von acht Fallbeispielen erläuterte er theoretische und praktische Aspekte in Bezug auf das Geldwäschegesetz und wies anhand dessen auf sogenannte „Red Flags“ hin. Abschließend gab er einen Einblick in den Ablauf einer Amtsprüfung. Mittels einer von ihm erstellten Checkliste erläuterte Dr. Tomasic Details zur Amtsprüfung und ging dabei näher auf die Rolle der geprüften Notarin bzw. des geprüften Notars ein.
In Albanien gibt es ein an EU-Standards angepasstes Gesetz zur Geldwäscheprävention. Allerdings hat sich in dem Land noch keine Amtsprüfungspraxis etabliert, obwohl im vergangenen Jahr schon einige Prüfungen durchgeführt wurden. Alle Seminarteilnehmenden begrüßten eine standardisierte Prüfungspraxis sowie ihre aktive Mitwirkung in dem Prozess. Der Austausch während des Seminars war ausgesprochen rege, was das hohe Interesse der Teilnehmenden und die Aktualität des Themas unterstreicht.
Eine transparente und einheitliche Rechtsprechung im Sinne der Rechtsstaatlichkeit ist einerseits wichtig, damit die Rechtsanwendenden sowie die Bürgerinnen und Bürger das albanische Justizsystem akzeptieren, andererseits vor dem Hintergrund der kürzlich eröffneten EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Balkanstaat unerlässlich. Vor diesem Hintergrund führt die IRZ seit Mitte 2019 ein vom Auswärtigen Amt finanziertes Projekt durch, das sich die Weiterentwicklung des ersten in Albanien entwickelten juristischen Online-Kommentars zum Ziel setzt.
Das Projekt knüpft an die Arbeit von nationalen und internationalen Expertinnen und Experten an, die 2017 im Rahmen des EU-Action Grants EURALIUS eine elektronische Plattform (Komentari Elektronik) entwickelt hatten. Eine Mittelaufstockung durch das Auswärtige Amt im April 2020 erlaubte es den Projektverantwortlichen, den Stamm der albanischen Autorinnen und Autoren des Kommentars um fünf Personen zu erweitern. Da diese weder an der im vergangenen Jahr durchgeführten Schulung zum Verfassen von E-Kommentaren teilgenommen hatten noch mit den einheitlichen Projektstandards vertraut waren, wurde die Schulung am 13. Mai 2020 in Form eines Online-Seminars wiederholt.
Als IRZ-Experten waren Prof. Dr. Bernd Heinrich, Prof. Dr. Jörg Kinzig, Prof. Dr. Bernd Hecker, allesamt Universität Tübingen, sowie Prof. Dr. Martin Heger von der Humboldt-Universität zu Berlin zugeschaltet. Sie gaben Einblicke in die deutsche Kommentartradition und führten mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Diskussion, die von den Vor- und Nachteilen von Online-Kommentaren im Vergleich zu Printkommentaren über verschiedene Zitierweisen und internationale Kommentarstandards bis zum Vergleich der albanischen und deutschen Art und Weise der Kommentierung reichte.
Der Folgetag stand im Zeichen der „Lessons learned“. In einer offenen Runde diskutierte der wissenschaftliche Beirat, dem neben den deutschen Professoren auch zwei albanische Experten angehören, mit den derzeitig acht Autorinnen und Autoren über die bisherigen Erfahrungen im Verfassen und Beurteilen von E-Kommentaren. Darüber hinaus wurde die Online-Schaltung genutzt, um das weitere Projektvorgehen festzulegen.
Der nun aufgestockte Stamm der Autorinnen und Autoren soll bis Jahresende Artikel der albanischen Strafprozessordnung sowie des Gesetzes über den Status von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten kommentieren. Das Projekt wird mit Öffentlichkeitsveranstaltungen in Albanien enden, auf denen die Ergebnisse vorgestellt werden sollen mit dem Ziel, das Bewusstsein der Rechtsanwendenden und öffentlichen Institutionen für die Bedeutung rechtswissenschaftlicher juristischer Kommentierung zu schärfen.
Im Jahr 2018 startete die IRZ eine Seminarreihe zur albanischen Verfassungsbeschwerde und setzte diese am 13. und 14. Mai 2020 in Zusammenarbeit mit der örtlichen Rechtsanwaltskammer fort. Nachdem die ersten vier Seminare als Präsenzveranstaltungen im Zentrum und Südosten des Landes (Tirana, Durres, Korça) stattfinden konnten, fand die fünfte Auflage für die Anwaltschaft in der Region Vlora aufgrund der Corona-Pandemie erfolgreich als Online-Seminar statt.
Hintergrund der Seminarreihe ist die Verfassungsänderung von 2016, die erstmals das Recht der Bürgerinnen und Bürger festschrieb, sich mit Individualbeschwerden direkt an das Verfassungsgericht wenden zu können. Grundlage für das Online-Seminar bildete die 2017 erschienene IRZ-Publikation „Die Verfassungsbeschwerde – Ein Handbuch für Praktikerinnen und Praktiker aus deutscher und albanischer Sicht“, die vom Referenten, Professor Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, in Co-Autorenschaft mit Dr. Arta Vorpsi, wissenschaftliche Mitarbeiterin des albanischen Verfassungsgerichts, erstellt worden war.
Von Stuttgart aus zugeschaltet, ging Professor Bergmann am ersten Seminartag auf die europäische Dogmatik der Menschrechte sowie die Prüfschemen bei Freiheits- und Gleichheitsgrundrechten ein. Am Folgetag brachte er den 17 teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Verfassungsbeschwerden in Deutschland näher, erläuterte einige damit verbundene Sonderprobleme und schloss das Seminar mit einem Vortrag zur aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Auch wenn das albanische Verfassungsgericht aktuell nicht beschlussfähig ist, ermutigte Professor Bergmann die Anwaltschaft dennoch, passende Fälle einzureichen, um so das albanische Rechtssystem stetig weiterentwickeln zu können. Er empfahl dabei, in den Klageschriften nicht nur die albanische Verfassung und die Europäische Konvention für Menschenrechte heranzuziehen, sondern im Hinblick auf eine zukünftige EU-Mitgliedschaft auch die Charta der Europäischen Union zu zitieren.
Nachdem die IRZ das Thema Verfassungsbeschwerde nun im Zentrum und im Süden des Landes verbreitet hat, ist angedacht, die Seminarreihe in Shkodra, der größten Stadt im Norden, fortzuführen.