Internationale Familienrechtstagung in Mostar

Grafik: IRZ
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Bosnien und Herzegowina

Am 10. Juni 2021 fanden in Mostar bereits zum neunten Mal die „Tage des Familienrechts“ statt. Die von der IRZ gemeinsam mit der juristischen Fakultät der Universität „Džemal Bijedić“ ausgerichtete Veranstaltung war pandemiebedingt auf eine eintägige Online-Veranstaltung verkürzt worden. Die internationale Konferenz wendet sich traditionell an Juristinnen und Juristen aus verschiedenen Nachfolgestaaten Jugoslawiens mit Interesse am Familienrecht. In diesem Jahr ging es um aktuelle Fragen aus der familienrechtlichen Theorie und Praxis. Hintergrund für diese Themenwahl war der Einfluss gesellschaftlicher und sozialer Veränderungen auf das Familienrecht, z.B.:

  • Migration,
  • Abwanderung,
  • Überalterung
  • sinkende Geburtenraten,
  • die wachsende Zahl bi-nationaler Ehen, insbesondere in den eng miteinander verbundenen Westbalkanstaaten, sowie
  • die neuen fortpflanzungsmedizinischen Möglichkeiten.

Die rund 50 Teilnehmenden an der Familienrechtstagung kamen aus beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina sowie aus Kroatien, Serbien und Slowenien. Das Ziel, einen Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft zu ermöglichen, wurde erreicht, denn an der Konferenz nahmen teil:

  • Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler,
  • Angehörige der Justiz,
  • Notarinnen und Notare,
  • Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden.

Nach der Eröffnung durch die Dekanin der Fakultät, Prof. Dr. Alena Huseinbegović, und Dr. Stefan Pürner für die IRZ, sprachen mehr als zwanzig Referentinnen und Referenten zu einem breiten Spektrum an Themen. Als deutsche IRZ-Expertin referierte die kroatisch-stämmige Berliner Anwältin Dr. Karolina Mihaljevic-Schulze, die in der Landessprache insbesondere abstammungsrechtliche Fragen in Regenbogenfamilien aus der Sicht der BGH-Rechtsprechung in den Vordergrund stellte.

Um die Nachhaltigkeit der Veranstaltung zu sichern, werden die Referate der Konferenz im Jahrbuch der Fakultät abgedruckt und außerdem online erhältlich sein.
Die Bedeutung der Konferenz wird auch dadurch deutlich, dass es sich der Minister für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport des gastgebenden Kantons Herzegowina-Neretva, Prof. Dr. Rašid Hadžović, nicht nehmen ließ, die Veranstaltung zu eröffnen. In seinem Grußwort hob er ausdrücklich die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit der Fakultät mit der IRZ hervor.

Erfreulich war auch das positive Medienecho: Mostar bio domaćin konferencije ''Dani obiteljskog prava''

Fortbildung für Richterinnen und Richter zu wirtschaftsrelevanten Themen

Grafik: IRZ
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Bosnien und Herzegowina

Um eine ganze Reihe auch für die Wirtschaft wichtiger Rechtsfragen ging es im Rahmen eines zweitägigen Online-Seminars am 6. und 7. Mai 2021. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung durch das Richteredukationszentrum der Föderation Bosnien und Herzegowina sowie die IRZ. An ihr nahmen rund 100 Richterinnen und Richter aus allen Landesteilen teil.

Hintergrund ist die Implementierung des 2013 erlassenen Sachenrechtsgesetzes, durch das zahlreiche noch aus dem Sozialismus stammende Rechtsinstitute ersetzt wurden. Die neuen Rechtsinstitute wurden teilweise nach deutschem und österreichischem Vorbild ausgestaltet, z.B. das Wohnungseigentum und die Grundschuld.

Referenten des Seminars waren die Professorin Dr. Meliha Povlakić und die Dozentin Dr. Darija Softić Kadenić. Beide haben nicht nur zahlreiche Forschungsaufenthalte im deutschsprachigen Raum absolviert, sondern sind auch rechtsberatend und gutachterlich tätig. Professorin Povlakić hat darüber hinaus während eines mehrjährigen Deutschlandaufenthalts in einem Notariat in München gearbeitet, während Dr. Softić Kadenić einen Magisterstudiengang an der Juristischen Fakultät in Graz absolviert hat.

Wegen des thematischen Zusammenhangs kamen zusätzlich zu den sachenrechtlichen Fragen zum Wohnungseigentum und zur Funktion des Grundbuchs auch Fragen der Kreditsicherung zur Sprache.

Da die Referentinnen neben rechtsvergleichenden Erfahrungen Urteile aus der nationalen Praxis einbrachten, bot die Veranstaltung Gelegenheit zum Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Dieser Austausch von Meinungen und Materialien wurde nach der Veranstaltung von einigen Teilenehmenden per E-Mail fortgesetzt.

Die Relevanz der behandelten Themen wurde auch durch die regen Diskussionen aller Beteiligten belegt.

Seminar zum Thema „Rechte von Geflüchteten“

Grafik: IRZ
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Bosnien und Herzegowina

Am 27. Mai 2021 veranstalte die Legal Aid Organisation Vaša Prava in Zusammenarbeit mit der IRZ ein Seminar zu den Rechten von Geflüchteten. Die 25 Teilnehmenden aus der Arbeit mit Geflüchteten kamen aus Nichtregierungsorganisationen, dem Büro des Ombudsmanns sowie Ministerien.

Im ersten Teil der Veranstaltung stellte Rechtsanwältin Amra Kadrić, die bei Vaša Prava Geflüchtete berät, die aktuelle Situation dar. Die Referentin erläuterte, dass es aufgrund der geografischen Lage von Bosnien und Herzegowina als Transitland und der Irregularität bei den Ein- und Ausreisen kaum belastbare Zahlen über Geflüchtete im Land gäbe. In ihrem Vortrag thematisierte sie auch Verletzungen der Rechte von Geflüchteten. Sie sprach an, dass viele Geflüchtete, die Anspruch auf Asyl hätten, lediglich subsidiären Schutz erhielten und dass es Probleme bei der Gewährung des Rechts auf Bildung gäbe. Amra Kadrić betonte aber auch, dass sich Bosnien und Herzegowinas Gesetzgebung stark an europäischen Normen orientiere.

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Rechtsanwalt Holger Hembach anhand von internationalen und regionalen Konventionen die rechtliche Stellung von Geflüchteten dar. Als früherer Mitarbeiter der OSZE im Bereich der Menschenrechte in der Westbalkanregion und Autor eines Fachbuchs zur Beschwerde vor dem EGMR ist Holger Hembach ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Zudem vertritt er Mandantinnen und Mandanten vor dem EGMR. Bei den Teilnehmenden des Seminars stießen besonders die folgenden seiner Ausführungen auf großes Interesse:

  • die Entscheidungen internationaler Gerichte zum Umgang mit Geflüchteten in Transitzonen,
  • die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Geflüchteten sowie
  • ein Urteil des EGMR zu Fragen des Asylantrags.

In der angeregten Diskussion betonten die Teilnehmenden, dass es trotz bedeutender Probleme in Bosnien und Herzegowina einen humanen Umgang mit Geflüchteten gäbe. Der Geschäftsführer von Vaša Prava, Emir Prcanović, betonte in seinen Schlussworten aber auch, dass noch viel mehr erreicht werden könne, wenn alle an einem Strang zögen.