Jordanien – Jahresbericht 2020

IRZ-Expertin Dr. Dorothee Weckerling-Wilhelm (Mitte), Referatsleiterin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, mit IRZ-Projektbereichsleiter Sidi Mohamed Khairy (links) und IRZ-Projektmanagerin Asma Dhib
IRZ-Expertin Dr. Dorothee Weckerling-Wilhelm (Mitte), Referatsleiterin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, mit IRZ-Projektbereichsleiter Sidi Mohamed Khairy (links) und IRZ-Projektmanagerin Asma Dhib

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Das Haschemitische Königreich Jordanien nimmt eine zentrale und stabilisierende Funktion in der Region ein. Es zählt für internationale Akteure zu den wichtigsten Kooperationspartnern im Nahen Osten und vermittelt unter anderem beim Nahost-Konflikt. Trotz seiner wichtigen und herausragenden Rolle gelingt es dem Staat nicht, die Wirtschaft zu stabilisieren. So ist das Land in hohem Maße von ausländischen Geldern abhängig. 2016 billigte der Internationale Währungsfonds dem Land an weitreichende Reformen geknüpfte Kredite in Höhe von 700 Millionen US-Dollar zu. Zwecks Erfüllung dieser Bedingungen wurden 2018 Steuererhöhungen eingeleitet, um die Staatsverschuldung abzubauen. Dies führte in weiten Teilen der Bevölkerung zu großem Unmut. Ein Ansteigen der Arbeitslosenquote und der Lebensmittelpreise mündete im Frühjahr 2018 in die größten Proteste seit 2011. Auch nach deren Abklingen bleibt der Unmut über die schwierige wirtschaftliche Lage eines Großteils der Bevölkerung bestehen.

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde von März bis Mai 2020 ein Lockdown verhängt, das öffentliche Leben in Jordanien kam zum Erliegen. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wirken sich verheerend auf das ohnehin wirtschaftlich geschwächte Land aus. Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung sowie die sich stetig verschlechternden Lebensbedingungen entluden sich im September 2020 in Protesten der enttäuschten Bevölkerung.

Am 27. September 2020 löste König Abdullah II. das Parlament auf, um eine neue Regierung zu bilden und somit der Enttäuschung der Bevölkerung über die wirtschaftliche Not entgegenzuwirken. Anschließend ernannte er im Oktober Bisher Al-Khasawneh zum neuen Premierminister. Zahlreiche Ministerposten wurden ebenfalls neu besetzt, wobei der Justizminister, Bassam Al-Talhouni, weiterhin im Amt blieb. Welche Konsequenzen die Ernennung von Bisher Al-Khasawneh für das Land haben wird, bleibt abzuwarten.

Konzeption

Seit der Aufnahme der Projektarbeit in Jordanien im Jahr 2006 unterstützt die IRZ verschiedene Institutionen der jordanischen Justiz durch Fortbildungs-, Trainings- und Beratungsmaßnahmen. Aufgrund der COVID19-Pandemie und damit einhergehenden Reisebeschränkungen konnten im Jahr 2020 lediglich Veranstaltungen im Online-Format durchgeführt werden. Dabei standen die Beratung und Unterstützung im Bereich des Strafrechts sowie der Korruptionsbekämpfung im Fokus, da dies auch den nationalen jordanischen Interessen und Schwerpunkten entspricht und das Land nach wie vor in diesen Bereichen Reformen umsetzt. Zudem wurde eine Veranstaltung zum Verbraucherschutz unter Beteiligung einer Vertreterin des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz organisiert. Weitere Beratungen zu der Thematik sollen folgen.

Tätigkeitsschwerpunkte 2020

Verfassungsrecht, Menschenrechte und deren Durchsetzung

  • Erstellung einer Sammlung ausgewählter richtungsweisender Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für das jordanische Verfassungsgericht

Zivil- und Wirtschaftsrecht 

  • Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Verbraucherschutz: Mechanismen und Herausforderungen“ in Kooperation mit dem jordanischen Ministerium für Industrie und Handel

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Online-Training für Richterinnen und Richter „Bekämpfung organisierter Kriminalität“ in Kooperation mit dem Hohen Justizrat
  • Online-Seminar „Korruptionsbekämpfung – Mechanismen und Prävention“ für Vertreterinnen und Vertreter des jordanischen Justizministeriums und der Antikorruptionsbehörde
  • Online-Erfahrungsaustausch „Internationale Rechtshilfe in Strafsachen“ mit dem jordanischen Justizministerium und Vertreterinnen und Vertretern des Hohen Justizrats

Aus- und Fortbildung 

  • Mehrtägiges Online-Mediationstraining für Richterinnen und Richter mit der jordanischen Justizakademie

Ausblick

Vor allem im Bereich des Strafrechts und im Bereich der internationalen Rechtshilfe sowie der Korruptionsbekämpfung wird die IRZ die Zusammenarbeit mit dem jordanischen Justizministerium im kommenden Jahr weiter intensivieren, um Jordanien bei seinen nationalen Reformbestrebungen zu unterstützen. Zudem wird in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien“ (Laufzeit: 2020 bis 2022) umgesetzt. In den kommenden zwei Jahren sollen im Rahmen dieses Projekts die Effizienz und Transparenz in der Strafjustiz gefördert werden, indem eine Arbeitsgruppe unter Anleitung deutscher Expertinnen und Experten Empfehlungen für jordanische Justizangehörige erarbeitet.

Auch der Hohe Justizrat und die jordanische Justizakademie bleiben im kommenden Jahr wichtige Projektpartner. So soll in Zusammenarbeit mit beiden Partnern die Aus- und Fortbildung der Richterschaft durch Weiterbildungsseminare und Trainings im Bereich des Zivil- und Strafrechts unterstützt werden. In Zusammenarbeit mit dem Hohen Justizrat sind Seminare und Konferenzen zu den Themen Justiz- und Gerichtsverwaltung sowie Verwaltungsrecht geplant.

Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes soll intensiviert werden, indem die neu entstandene und direkt der Regierung unterstellte Verbraucherschutzbehörde von der IRZ durch Beratungsmaßnahmen unterstützt wird.