Jordanien – Jahresbericht 2021

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Das Haschemitische Königreich Jordanien nimmt eine zentrale Funktion in der Region ein. Als traditioneller Verbündeter des Westens und eines der stabilsten Länder der Region zählt es für internationale Akteure zu den wichtigsten Kooperationspartnern im Nahen Osten und vermittelt unter anderem im Nahostkonflikt.

Nachdem die COVID-19-Pandemie Jordanien im Jahr 2020 mit voller Wucht traf, hat sich die epidemiologische Lage mit Beginn der Impfkampagne im Frühjahr 2021 stetig verbessert, sodass alle öffentlichen Einrichtungen wieder geöffnet und auch die Ausgangssperre aufgehoben werden konnte. Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern, ergriff die jordanische Regierung rechtzeitig fiskal- und geldpolitische Maßnahmen (unter anderem Hilfen für den Tourismussektor und Unterstützungsprogramme für arme und gefährdete Haushalte), die das Land vergleichsweise gut durch die Krise brachten. Nichtsdestotrotz hat die Pandemie die strukturellen Schwächen der jordanischen Wirtschaft weiter verschärft und die bestehenden sozialen Herausforderungen in der Gesellschaft noch stärker zum Vorschein gebracht. So stiegen sowohl die Staatsverschuldung als auch die Arbeitslosigkeit an, wobei die Jugendarbeitslosigkeit mit 48,1 % einen noch nie da gewesenen Wert erreicht hat.1 Darüber hinaus spitzt die Aufnahme von Geflüchteten aus Syrien (derzeit sind offiziell etwa 660.000 syrische Geflüchtete in Jordanien registriert) die schwierige ökonomische Situation weiter zu.

Anfang März 2021 wurde das Kabinett umgebildet und Dr. Ahmed Nouri Ziyadat zum neuen Justizminister ernannt. König Abdallah II. ist unter den schwierigen Bedingungen bemüht, den Status quo im Land zu erhalten und die politische Stabilität zu wahren.

Konzeption

Seit der Aufnahme der Projektarbeit in Jordanien im Jahr 2006 unterstützt die IRZ verschiedene Institutionen der jordanischen Justiz durch Fortbildungs-, Trainings- und Beratungsmaßnahmen.

Aufgrund der weiterhin bestehenden pandemiebedingten Reisebeschränkungen wurden auch im Jahr 2021 die Veranstaltungen ausschließlich im Online-Format durchgeführt.

In den Mittelpunkt der Zusammenarbeit rückten dabei verstärkt die Unterstützung der Reformen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Stärkung der verwaltungsrechtlichen Kapazitäten. Die jordanischen Projektpartner meldeten hier großen Beratungsbedarf bei Themen wie Modernisierung und Digitalisierung der Gerichtsverwaltung sowie bei der Analyse und Formulierung von Verwaltungsakten. Darüber hinaus blieben die Beratung und Unterstützung im Bereich des Strafrechts und Strafvollzugs wichtige Kooperationsfelder, da dies auch den nationalen jordanischen Interessen und Schwerpunkten entspricht und das Land nach wie vor in diesen Bereichen Reformen umsetzt. In diesem Bereich liegt weiter ein durch das Auswärtige Amt finanziertes Projekt zur „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien“. Auch die Kooperation im Bereich des Verbraucherschutzes wurde weitergeführt. Als neues Themenfeld nahm die IRZ eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zu Fragen von Migration und Asyl auf.

Tätigkeitsschwerpunkte 2021

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Online-Konferenz zum Thema „Völkerrechtliche Grundlagen des Asylrechts und internationale Best-Practice-Modelle“ in Kooperation mit drei jordanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Zwei Online-Seminare zu den Themen „Angewandte Verfahren und Mechanismen zum Verbraucherschutz in Deutschland und Jordanien“ und „Rechtsgrundlagen und präventive Maßnahmen zum Verbraucherschutz“ in Kooperation mit dem jordanischen Ministerium für Industrie, Handel und Versorgung und der jordanischen Verbraucherschutzbehörde

Öffentliches Recht

  • Online-Seminar zur „Analyse von Verwaltungsklagen und Formulierung von Entscheidungen für Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Jordanien“ in Kooperation mit dem Hohen Justizrat und der Justizakademie
  • Online-Seminar zur „Digitalisierung der Gerichtsbarkeit und virtuelle Gerichtsverhandlungen“ in Kooperation mit dem Hohen Justizrat und der Justizakademie
  • Online-Seminar zur „Gerichtskontrolle von Verwaltungsentscheidungen“ in Kooperation mit dem Hohen Justizrat und der Justizakademie
  • Zwei Online-Seminare zum Thema „Moderne Gerichtsverwaltung“ in Kooperation mit dem Hohen Justizrat und der Justizakademie

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Anwendung von alternativen Strafsanktionen und Alternativen zur Untersuchungshaft“ in Kooperation mit der jordanischen Staatsanwaltschaft
  • Online-Seminar zur „Bekämpfung von Wirtschafts- und Internetkriminalität“ in Kooperation mit der jordanischen Staatsanwaltschaft
  • Zwei Online-Trainings für Strafvollzugspersonal zum Thema „Umgang mit besonderen Inhaftierten: Personen mit Sucht- und/oder Aggressionsproblematik, psychisch Kranke“ in Kooperation mit der jordanischen Strafvollzugsbehörde

Ausblick

Auch im kommenden Jahr wird die IRZ die Zusammenarbeit mit ihren jordanischen Partnern fortsetzen. Vor allem im Bereich des Strafrechts und bei der Korruptionsbekämpfung wird die IRZ die Zusammenarbeit mit dem jordanischen Justizministerium weiter intensivieren, um das Land bei seinen nationalen Reformbestrebungen zu unterstützen. Das vom Auswärtigen Amt finanzierte Projekt zur „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien“ wird auch in 2022 weitergeführt.

Zudem bleiben der Hohe Justizrat und die jordanische Justizakademie wichtige Projektpartner. So soll in Zusammenarbeit mit beiden Partnern die Aus- und Fortbildung der Richterschaft durch Weiterbildungsseminare und Trainings im Bereich des Zivil- und Strafrechts unterstützt werden. Die Bereiche der Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Verbraucherschutzes sind und bleiben wichtige Kooperationsfelder. In 2022 soll die Kooperation mit dem jordanischen Verfassungsgericht wiederaufgenommen werden.