Serbien – Jahresbericht 2021

Teilnehmende des Online Blockseminars „Deutsch Rechtsterminologie: Herausforderungen, Chancen, Möglichkeiten“ mit der Juristischen Fakultät in Novi Sad
Teilnehmende des Online Blockseminars „Deutsch Rechtsterminologie: Herausforderungen, Chancen, Möglichkeiten“ mit der Juristischen Fakultät in Novi Sad

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Die Republik Serbien eröffnete im Juli 2016 die Verhandlungskapitel 23 (Justiz und Grundrechte) und 24 (Recht, Freiheit und Sicherheit) im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen. Deshalb hat sich der Bedarf an Beratung bei der Harmonisierung des Rechts und an Unterstützung bei der Schulung der praktischen Rechtsanwendung noch verstärkt. Nach Auffassung der Europäischen Union bedarf es besonderer Anstrengungen in den Bereichen Judikative und Grundrechte sowie im Themengebiet Recht, Freiheit und Sicherheit. Im Allgemeinen gilt Serbien als Front-Runner-State bezüglich der EU-Annäherung

Konzeption 

Die IRZ begann die rechtliche Zusammenarbeit mit Serbien im Jahr 2000. Hauptziel der IRZ ist die Unterstützung des Landes auf dem Weg in die Europäischen Union im Sinne der Westbalkan-Strategie. Hierbei liegt der Fokus auf einer effektiven Gesetzesanwendung und den rechtsstaatlichen Grundsätzen sowie den europarechtlichen Vorgaben. Die IRZ betont dabei die Bedeutung einer klaren Orientierung an kontinentaleuropäischen Rechtsgrundsätzen und Modellen, um hybride Lösungen zu verhindern.

Außerdem stärkt sie die Zusammenarbeit zwischen Juristinnen und Juristen aus Serbien und dessen Nachbarländern. Zu den Partnern der IRZ gehören das Justizministerium, das Verfassungsgericht, die juristischen Fakultäten der Universitäten Belgrad, Novi Sad und Kragujevac, die Richtervereinigung Serbiens, die Deutsch-Serbische Wirtschaftskammer sowie das Institut für Rechtsvergleichung.

Tätigkeitsschwerpunkte 2021

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Online-Regionalkonferenz der Verfassungsgerichte zum Thema „Schutz des Rechts auf Familienleben“ gemeinsam organisiert mit dem Verfassungsgericht von Serbien
  • Online-Regionalforum zu internationalen, europäischen und nationalen Rechtsstandards für flüchtende Personen mit NGOs aus Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Nordmazedonien

Rechtspflege

  • Online-Konferenz zur Justizreform in Serbien mit der Richtervereinigung Serbiens
  • Online-Praxisseminar „Wirtschaftsmediation zwischen Unternehmen als Alternative zu Gerichtsverfahren?“ mit der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) und der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer

Aus- und Fortbildung

  • Publikation der Zeitschrift „Kontinentalno pravo – KoPra“ („Kontinentales Recht – Zeitschrift für nachhaltige und zweckmäßige Rechtsentwicklung“) sowie Konferenz anlässlich der Veröffentlichung
  • Öffentliche Online-Veranstaltungsreihe zur Fallmethode als Beitrag zu einer praxisorientierten Juristenausbildung mit dem Institut für Rechtsvergleichung
  • Zweisemestriger Kurs zu deutscher Rechtsterminologie mit der Juristischen Fakultät in Belgrad
  • Online-Blockseminar „Deutsche Rechtsterminologie: Herausforderungen, Chancen, Möglichkeiten“ mit der Juristischen Fakultät in Novi Sad
  • Gezielte Auswahl juristischer Literatur und deren Bereitstellung für ausgewählte, einschlägig tätige Partnerorganisationen in Serbien mit dem Ziel der Popularisierung des deutschen und europäischen Rechts als Orientierungsrecht bei der Rechtstransformation

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt

EU-Twinning-Projekt „Reinforcement of consumer protection in Serbia as a response to the new market challenges“

Unter der Koordination des Wirtschaftsministeriums der Slowakischen Republik führt die IRZ dieses Projekt als Juniorpartner ab Juni 2021 durch. Die staatliche Partnerinstitution, die die Twinning-Unterstützung erhält, ist das Ministerium für Handel, Tourismus und Telekommunikation der Republik Serbien.

Ziel dieses Projekts mit einer geplanten Laufzeit von 24 Monaten ist es, durch administrative und institutionelle Stärkung im Bereich des Verbraucherschutzes in Serbien sowohl auf die Verpflichtungen, die sich aus der EU-Mitgliedschaft ergeben, als auch auf die Herausforderungen des modernen Marktes angemessen zu reagieren. Das Expertenteam zielt daher darauf ab, die institutionellen und administrativen Kapazitäten der relevanten serbischen Akteure im Bereich des Verbraucherschutzes für den Zugang zum Binnenmarkt zu verbessern.

Eines der Hauptziele des Projekts ist die Verbesserung der Bestimmungen des Verbraucherschutzgesetzes und der zugehörigen Verordnungen im Einklang mit dem EU-Besitzstand. Dies geschieht durch einen Prozess der Identifizierung aktueller gesetzlicher Prioritäten, der Durchführung einer Lückenanalyse für die bestehende Gesetzgebung und der Ausarbeitung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen zum Verbraucherschutz für die Republik Serbien.

Ein weiteres Ziel besteht darin, einen Beitrag zur wirksamen rechtlichen Durchsetzung des Verbraucherschutzes im Partnerland zu leisten. Dies soll durch eine gezielte Verstärkung des institutionellen Aufbaus in Bezug auf grenzüberschreitende Fragen und eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den relevanten Institutionen im Bereich des Verbraucherschutzes erreicht werden. Auch Verbesserungen des Versteigerungssystems im Rahmen des derzeitigen Rechtsrahmens sind vorgesehen.

Ein funktionierendes ADR-System im Bereich des Verbraucherschutzes in der Republik Serbien wird durch die Durchführung von Schulungen und Workshops für ADR-Institutionen sowie durch die Herausgabe von Empfehlungen zu diesem Thema unterstützt. Die Projektexperten werden auch Sensibilisierungsmaßnahmen im Partnerstaat umsetzen.

Neuen Marktherausforderungen – wie der Verbraucherschutz bei Online-Transaktionen – soll durch den Aufbau von Kapazitäten bei den relevanten Akteuren und die Erstellung eines Handbuchs begegnet werden, um die Nachhaltigkeit der Wissensverbreitung zu gewährleisten.

Das Projekt sieht insgesamt eine Stärkung der Kapazitäten, Ressourcen und Kompetenzen des institutionellen Verbraucherschutzsystems im Partnerstaat vor. In diesem Sinne ist eine Machbarkeitsstudie vorgesehen, gefolgt von Workshops und Schulungen, um den ermittelten Schulungsbedarf zu decken.

EU-Twinning-Projekt „Protection and Enforcement of Intellectual Property Rights in Serbia“

Seit Februar 2019 wirkt die IRZ als Juniorpartner unter Federführung des Dänischen Patent- und Markenamts in Serbien bei der Umsetzung des EU-Twinning-Projekts zum Schutz des geistigen Eigentums mit. Das Projekt hat ein Budget von 1,5 Millionen Euro. Die für 2020 geplanten Maßnahmen mussten wegen der COVID-19-Pandemie geändert und weitgehend online durchgeführt werden. Die Projektlaufzeit von 24 Monaten wurde auf 36 Monate verlängert, um sicherzustellen, dass alle geplanten Maßnahmen erfolgreich durchgeführt werden können.

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Unterstützung der Republik Serbien bei der Angleichung des Standards für den Schutz und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums an bewährte Verfahren der Europäischen Union. Zur Erreichung dieses Ziels fanden zahlreiche Maßnahmen in enger Zusammenarbeit mit dem serbischen Ministerium für Handel, Tourismus und Telekommunikation statt.

Die Expertinnen und Experten der IRZ konnten dabei ihre Fachkenntnisse bei der Erarbeitung eines Verfahrenshandbuchs für Online-Untersuchungen einbringen. Ziel ist es, den nachhaltigen Aufbau von Fachwissen über Rechtsverletzungen an geistigem Eigentum nachhaltig zu fördern. Es wurden spezifische Ausbildungsmaßnahmen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Inspektorinnen und Inspektoren, Zollbeschäftigte sowie Polizistinnen und Polizisten zur Ermittlung von Schutzrechtsverletzungen im Internet von den Expertinnen und Experten der IRZ durchgeführt, um die Ausbreitung von Produktpiraterie in Serbien effizient zu bekämpfen.

Außerdem hat das Expertenteam der IRZ die Website des Ministeriums für Handel, Tourismus und Telekommunikation im Rahmen einer verbesserten Kommunikationsstrategie überarbeitet und neu gestaltet. Mehrere geplante Studienaufenthalte in Dänemark und Deutschland verfolgten das Ziel, die serbischen Kolleginnen und Kollegen mit Lösungswegen bei der Ermittlung von Schutzrechtsverletzungen und Beweiserhebungen vertraut zu machen. Pandemiebedingt mussten diese Veranstaltungen abgesagt werden.

Ausblick

Die IRZ setzt die Seminarreihen und Fortbildungsveranstaltungen mit den oben genannten Partnerorganisationen insbesondere im Hinblick auf die Kapitel 23 und 24 der EU-Beitrittsverhandlungen und die Westbalkan-Strategie der Europäischen Union fort. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit Institutionen und einzelnen nationalen Expertinnen und Experten, die sich der kontinentaleuropäischen Rechtstradition sowie der Erforschung des deutschen Rechts und seiner Rezeption widmen, fortgesetzt werden. Auch wird der juristische Nachwuchs weiterhin unterstützt. Des Weiteren sind Aktivitäten im Bereich der Gesetzgebungsberatung geplant.