Usbekistan – Jahresbericht 2023

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

2023 spielten innenpolitische Veränderungen in Usbekistan eine große Rolle: Der im Vorjahr eingeleitete Prozess zur Verfassungsreform wurde Ende April mit einem Referendum abgeschlossen, in dem sich die Abstimmungsberechtigten zu 90 Prozent für die neue, erweiterte Verfassung aussprachen. Seitdem gilt für die Amtszeiten des Präsidenten: die Dauer beträgt nun sieben und nicht mehr fünf Jahre, wobei eine einmalige Wiederwahl möglich ist. Außerdem wurden zuvor geleistete Amtszeiten auf null gesetzt. In Artikel 1 wird die Republik Usbekistan zu einem Sozialstaat erklärt und der Abschnitt über bürgerliche Rechte und Freiheiten wurde erweitert. Neu aufgenommen wurden die ausdrückliche Abschaffung der Todesstrafe und das Verbot von Folter in Gefängnissen. Im Juli folgten vorgezogene Präsidentschaftswahlen, aus denen der Amtsinhaber Shavkat Mirziyoyew als Sieger hervorging.

Der Präsident steht nach wie vor für den politischen Willen der Erneuerung. Dies konkretisiert sich in der „Usbekistan-Strategie 2030“ mit insgesamt 100 Zielen. Die Strategie zielt auf Förderung der individuellen Entwicklung, auf nachhaltiges, wirtschaftliches Wachstum, auf Erhaltung der Wasserressourcen und Umweltschutz, auf Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Aufbau einer service-orientierten Verwaltung sowie auf Fortführung einer sicherheits- und friedensbasierten Politik ab.

Die Reformen zugunsten eines wirtschaftsfreundlichen Umfelds, beachtliche Rohstoffressourcen und Standortvorteile ziehen viele ausländische Investoren an, und im Zuge der weiteren wirtschaftspolitischen Neujustierung hat die Regierung ambitionierte Pläne: bis 2030 möchte Usbekistan ein Land mit mittlerem Einkommen (gemäß Weltbank-Differenzierung) werden. Vor diesem Hintergrund und angesichts verbindender sicherheitspolitischer Interessen haben sich die Beziehungen vieler westlicher Staaten in die zentralasiatische Region belebt.

Konzeption

Angesichts der komplexen Reformprogramme im Rechts- und Justizbereich konzentriert sich die IRZ auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Partnern, denen eine Schlüsselfunktion in wichtigen Vorhaben zukommt. Dazu gehört die Generalstaatsanwaltschaft als langjähriger Partner mit der Verantwortung für die Prävention und Bekämpfung von Korruption. Aktueller Schwerpunkt für eine Konferenz auf diesem Gebiet war die strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen. Mit der Stadtstaatsanwaltschaft Taschkent knüpfte die IRZ an die vorhergehende Zusammenarbeit zum Jugendstrafrecht und zur Betäubungsmittelkriminalität an. Die junge usbekische Gesellschaft mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren sieht sich einem signifikanten Anstieg der Jugendkriminalität gegenüber, dem man mit einem breit angelegten Konzept zur Prävention und mit neuen speziellen jugendstrafrechtlichen Regelungen, die es bislang noch nicht gab, entgegentritt.

Im Zuge der wirtschaftlichen Liberalisierung stellen sich neue Herausforderungen im Gesellschaftsrecht, was die IRZ in einem Workshop mit dem Obersten Gericht aufgriff.

Ferner widmete sich die IRZ gemeinsam mit dem Justizministerium und der Richterschule beim Höchsten Richterrat ausgewählten Bereichen des Verwaltungsrechts, ein für die usbekischen Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender noch recht junges Rechtsgebiet.

Eine Veranstaltung zur Richterethik bot neben dem Präsidium des usbekischen Höchsten Richterrats Richterinnen und Richtern aus Aserbaidschan, Tadschikistan, Kasachstan und Kirgisistan eine Plattform, um die jeweiligen nationalen Regelungen vorzustellen.

Tätigkeitsschwerpunkte 2023

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Seminar zum Gesellschaftsrecht mit dem Obersten Gericht in Taschkent

Öffentliches Recht

  • Hybrid durchgeführter Workshop zum vorgerichtlichen Widerspruchsverfahren im Verwaltungsrecht mit dem Justizministerium
  • Seminar zur Praxis des Verwaltungsrechts mit der Richterschule beim Höchsten Richterrat in Taschkent

Rechtspflege

  • Seminar zur Richterethik mit dem Höchsten Richterrat in Taschkent

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Seminar zum Jugendstrafrecht und zu Ermittlungstätigkeit im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität mit der Stadtstaatsanwaltschaft Taschkent und der Generalstaatsanwaltschaft in Taschkent
  • Seminar zur Prävention und Bekämpfung der Korruption mit dem Fokus auf strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen mit der Generalstaatsanwaltschaft in Taschkent

Ausblick

Die gemeinsame Bearbeitung bedeutsamer Rechts- und Justizmaterien sowie die Verfolgung langfristiger Novellierungsvorhaben wird die IRZ mit den Partnern fortsetzen, um den durch die Reformen ausgelösten Strukturwandel zu unterstützen. Als Themenschwerpunkte gelten Wirtschafts-, Verwaltungs- und Straf(prozess)recht sowie die juristische Aus- und Fortbildung.

Die IRZ setzt die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium zudem in Gestalt eines Twinning-Projekts zur Systematisierung der Rechtsordnung fort. Als Konsortialführer wird die IRZ ab April 2024 dieses Projekt gemeinsam mit dem lettischen Justizministerium für einen Zeitraum von zwei Jahren implementieren.