Studienreise der usbekischen Generalstaatsanwaltschaft nach Berlin

Besuch der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan im Bundesministerium des Inneren und für Heimat in Berlin anlässlich einer Studienreise im Juni 2022 (Foto: IRZ)
Besuch der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan im Bundesministerium des Inneren und für Heimat in Berlin anlässlich einer Studienreise im Juni 2022 (Foto: IRZ)
Republik Usbekistan

Die IRZ arbeitet seit langem mit der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan zusammen, der eine zentrale Rolle bei der Implementierung strafrechtlicher Reformen zukommt. So hat sie zur Korruptionsbekämpfung und -prävention zahlreiche Mechanismen installiert, neue Instrumente eingeführt, Regelwerke angepasst und strukturelle Änderungen in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt.

Nachdem im März 2022 in Taschkent eine beiderseits hochrangig besetzte Konferenz zur Korruptionsprävention und -bekämpfung stattfand, wurde die Zusammenarbeit zu diesem Thema mit der Studienreise vom 19. bis 24. Juni 2022 nach Berlin fortgesetzt. Unter Leitung des stellvertretenden Generalstaatsanwalts Erkin T. Yuldashev reisten insgesamt neun Staatsanwälte mit spezialisierten Zuständigkeiten nach Berlin.

Ein weiterer Themenschwerpunkt umfasste die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (einschließlich Vermögensrückgewinnung). Nach einer Begrüßung durch den Unterabteilungsleiter Ministerialdirigent Dirk Mirow begann das Fachprogramm mit einem Gespräch im Bundesministerium der Justiz mit Georg Schäfer, Leiter des Referates II B 7 Internationales Strafrecht über eine Zusammenarbeit im Bereich der Auslieferung und Vollstreckungshilfe. Die usbekische Generalstaatsanwaltschaft hat die Aufsicht über die internationale Vollstreckung von Urteilen und ließ sich die Vorgehensweise bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Vermögensabschöpfung darstellen. In einem separaten Fachgespräch gewährte der Leiter der Abteilung Rechtshilfe der Generalstaatsanwaltschaft Berlin den usbekischen Kollegen einen Einblick in die praktische Abwicklung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen.

Ein Beispiel für die Korruptionsprävention im öffentlichen Bereich veranschaulichte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Die Leiterin der Stabstelle Antikorruption/Innenrevision, Silvia Kröber und der Leiter des Referates Steuerung und Service der Abteilung Hochbau, Matthias Schich erläuterten die Aufbau- und Aufgabenorganisation, das interne Kontrollsystem und den Projektablauf einschließlich Vergabeverfahren sowie notwendiger Dokumentation. Außerdem erläuterten sie das durch Einbeziehungen der Mitarbeitenden entwickelte Leitbild der Behörde und interne Handlungsempfehlungen für den gewünschten korruptionspräventiven Verhaltenskodex.

In das entsprechende Regelwerk auf Bundesebene führten im Bundesministerium des Inneren und für Heimat die Leiterin des Referats Integrität, Korruptionsbekämpfung, Sponsoring, Birgit Otto, die Ansprechpartnerin für Korruptionsprävention Julia Paul und Frau Büchner, verantwortlich für Dienstrecht, ein. Sie gaben einen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen und deren Umsetzung in den Bundeseinrichtungen.

Der langjährige Leiter der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung und Leiter der Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Verwaltung, OStA Dr. Rüdiger Reiff ergänzte den Fachaustausch durch Erfahrungsberichte und Fallbeispiele. Die usbekischen Kollegen konnten so vergleichbare Sachverhalte aus eigener Erfahrung ansprechen und verschiedene Ansätze diskutieren.

Der Besuch bei Transparency International lenkte die Aufmerksamkeit auf die Korruptionsprävention jenseits von Regulierung und Kontrolle, indem der Research Expert für Corruption Measurement Tools, Dr. Roberto Kukutschka aufzeigte, dass Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit durch Kommunikation und Koalitionen mit Regierungen, Verwaltungen, Politikern, Firmen und zivilgesellschaftlichen Gruppen notwendig ist, um der Korruption entgegenzuwirken.

Die aktuellen Herausforderungen der staatsanwaltlichen Tätigkeit waren Thema eines Austauschs mit der Staatsanwaltschaft Potsdam, wo OStA Rolf-Uwe Kurz Modernisierungsansätze – wie Evaluierung neuer Instrumente, Regionalisierung, Spezialisierung und beschleunigte Verfahrensbearbeitung – vorstellte und anschließend mit der usbekischen Delegation diskutierte. Die Abgrenzung staatsanwaltlicher Zuständigkeit zu anderen Behörden wie z.B. der Polizei und das Weisungsrecht der Exekutive waren von besonderem Interesse für die usbekischen Kollegen.

Der Besuch einer mündlichen Verhandlung in einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung am Amtsgericht Tiergarten regte den Austausch über die Grundsätze des Prozessrechts an. Dabei stand die Verfahrensdauer im Mittelpunkt: während es in Usbekistan Fristen für die Dauer eines Ermittlungs- und eines gerichtlichen Strafverfahrens gibt, machte der amtierende Richter Martin Ernst deutlich, dass in Deutschland die richterliche Unabhängigkeit die Bearbeitung mit Blick auf die Gesamtarbeitsauslastung zulasse.

Die usbekischen Staatsanwälte hatten während ihres Aufenthalts in Berlin Gelegenheit, sich über aktuelle – und für ihre Arbeit relevante – rechtspolitische Themen mit deutschen Kolleginnen und Kollegen intensiv auszutauschen. Auch wenn die Rechtstradition und der soziale Kontext in beiden Ländern sehr verschieden sind, liegen das Verständnis zur notwenigen Eindämmung der Korruption und die Vorstellungen über die Anforderungen an eine moderne Strafjustiz nahe beieinander.

31 Yuldashev Mirow Ministerialdirigent Dirk Mirow, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium der Justiz begrüßt den stellvertretenden Generalstaatsanwalt Erkin T. Yuldashev aus Usbekistan anlässlich einer Studienreise der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan nach Berlin im Juni 2022 (Foto: IRZ)

Konferenz zu Korruptionsbekämpfung und Präventionsstrategien am 1. und 2. März 2022 in Taschkent

Usbekistan

Die usbekische Regierung verfolgt seit längerem eine Antikorruptionsstrategie und hat dazu die staatlichen Programme sowie flankierende Regelwerke – wie zum Beispiel ein Antikorruptionsgesetz und Compliance-Control-Bestimmungen für staatliche Institutionen – auf den Weg gebracht. Die Generalstaatsanwaltschaft kommt als Strafverfolgungsbehörde mit den Delikten in Berührung, ihr obliegt aber auch die Durchsetzung der einschlägigen Regelungen. Aufgrund der hohen rechtspolitischen Bedeutung, die diesem Thema zukommt, richtete die IRZ gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft eine Konferenz zu Korruptionsbekämpfung und Präventionsstrategien in Taschkent aus. Die Hauptgeschäftsführerin, Dr. Frauke Bachler und die zuständige Projektbereichsleiterin, Angela Schmeink, waren persönlich vor Ort.

Außerdem beteiligte sich das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch Herrn Staatssekretär der Justiz Dirk Wedel, aktiv mit fachlich einschlägigen Experten an der Veranstaltung. Darüber hinaus trugen Horst Bien, Generalstaatsanwalt Düsseldorf und Günter Neifer, Abteilungsleiter der Generalstaatsanwalt zur deutschen Praxis der Korruptionsbekämpfung vor. Justizrat Richard Bock und Veronika Kormann – entsandt von der Bundesnotarkammer – stellten das System der Geldwäscheprävention in Deutschland vor. Unter den insgesamt 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern entwickelte sich ein lebhafter fachlicher Austausch, bei dem neben Fragen zur Ermittlung und Verfolgung von Korruptionsdelikten auch relevante Register, Umgang mit (anonymen) Hinweisgebern und Erscheinungsformen der Korruption im öffentlichen Sektor diskutiert wurden. 

Bewusst traf sich die deutsche Delegation auch mit der vor zwei Jahren – mit Blick auf Korruptionsprävention -  gegründeten Antikorruptionsagentur. Sie hat ein vielfältiges Instrumentarium (wie transparenzfördernde Verfahren oder Verwendung öffentlicher Gelder) erarbeitet, um Korruption im Keim zu ersticken. Außerdem widmet sie sich der Aufklärung in der Zivilgesellschaft. Diverse weitere Treffen mit der Generalstaatsanwalt, dem Höchsten Richterrat, dem Justizministerium und der Akademie der Generalstaatsanwalt fanden außerhalb der Tagung statt, um das Potential der aktuellen rechtlichen Reformen für die weitere Kooperation mit der IRZ, die seit 12 Jahren in Usbekistan aktiv ist, auszuloten. Die Delegation freute sich über die große Resonanz und Offenheit für Impulse der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit auf Seiten der usbekischen Partnerorganisationen.

Pressemitteilung der NRW-Justiz:
https://www.justiz.nrw/Mitteilungen/2022_03_09_Besuch_Usbekistan_STS/index.php

Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Parlamentarische Kontrolle“ in Berlin und Taschkent

Moderiert vom Direktor des Instituts für Gesetzgebung beim Parlament der Republik Usbekistan, Fasilzhon Otakhonov (erste Reihe, Mitte), gab es einen regen Austausch, an dem auch Tolibzhon Madumarov (2.v.r.), Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Fragen der Verteidigung und Sicherheit des Senats des Parlaments der Republik Usbekistan, teilnahm.
Moderiert vom Direktor des Instituts für Gesetzgebung beim Parlament der Republik Usbekistan, Fasilzhon Otakhonov (erste Reihe, Mitte), gab es einen regen Austausch, an dem auch Tolibzhon Madumarov (2.v.r.), Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Fragen der Verteidigung und Sicherheit des Senats des Parlaments der Republik Usbekistan, teilnahm.
Usbekistan

In Kooperation mit dem Institut für Gesetzgebung beim Parlament der Republik Usbekistan veranstaltete die IRZ am 20. Oktober 2020 einen Online-Erfahrungsaustausch. Beide Kammern des usbekischen Parlaments waren bei der Veranstaltung hochrangig vertreten. Die Begrüßung der über dreißig Teilnehmenden übernahmen Akmal Saidov, Vizepräsident der gesetzgebenden Kammer, und Sainiddin Nizamkhodzhaev, Vizepräsident des Senats des usbekischen Parlaments. Im Fokus des Erfahrungsaustauschs standen die Themen „Parlamentarische Kontrolle“ und „Fragerecht des/der Abgeordneten“. Als IRZ-Experte referierte dazu Volker Görg, Leiter der Unterabteilung Parlamentsdienste des Deutschen Bundestages.

Die Rolle des Parlaments zu stärken und die Effektivität parlamentarischer Kontrolle zu erhöhen, sind erklärte Ziele des umfangreichen Reformvorhabens in der usbekischen Legislative. Die deutsche Fachexpertise zu diesem Themenkomplex und insbesondere zur Novellierung der parlamentarischen Geschäftsordnung zum Fragerecht einer/eines Abgeordneten ermöglichte der usbekischen Seite eine umfassende rechtsvergleichende Analyse mit deutschen Vorschriften. In der vom neuen Direktor des Instituts, Fasilzhon Otakhonov, moderierten Diskussion kamen u.a. folgende Themen zur Sprache:

  • Kleine und Große Anfrage,
  • Tätigkeit des Parlamentssekretariats sowie
  • Zulässigkeitsvoraussetzungen und inhaltliche Bearbeitung einer Anfrage einer/eines Abgeordneten im Bundestag.

Aus Sicht des deutschen Experten habe das Fragewesen eine zentrale Bedeutung für die demokratische Legitimation des Handelns der Exekutive. Denn mit dem Fragerecht der Abgeordneten korrespondiere grundsätzlich eine Antwortpflicht der Regierung. Diese Antwortpflicht der Bundesregierung in Deutschland sei laut Bundesverfassungsgericht Voraussetzung für eine sachgerechte Verwirklichung der parlamentarischen Kontrolle.

Der Online-Fachaustausch lieferte einen wichtigen Beitrag zur Etablierung parlamentarischer Kontrolle in Usbekistan, die zum elementaren Bestandteil demokratisch organisierter Staaten gehört.