Kasachstan - Jahresbericht 2019

Delegation der Rechtsakademie am Obersten Gerichtshof beim Besuch im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Inka Strack (Mitte), Referatsleiterin Gerichtsorganisation; Sagatbek Suleimen (links neben ihr), Richter am Obersten Gerichtshof der Republik Kasachstan und Delegationsleiter; Ministerialdirigent Thomas Kunz (2.v.r.), Leiter der Zentralabteilung
Delegation der Rechtsakademie am Obersten Gerichtshof beim Besuch im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Inka Strack (Mitte), Referatsleiterin Gerichtsorganisation; Sagatbek Suleimen (links neben ihr), Richter am Obersten Gerichtshof der Republik Kasachstan und Delegationsleiter; Ministerialdirigent Thomas Kunz (2.v.r.), Leiter der Zentralabteilung

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Nach fast dreißigjähriger Amtszeit legte Präsident Nursultan Nazarbajew Anfang des Jahres 2019 sein Amt nieder. Am 9. Juni 2019 fand eine vorgezogene Präsidentschaftswahl statt, die Kassim Jomart Tokajew gewann. Innenpolitisch wird das umfangreiche Reformprogramm im Land, das sich auf Fortschritte u.a. im Rechtswesen, insbesondere in der Justiz sowie in der Verwaltung konzentriert, weiterhin vorangetrieben.

Die Europäische Union hatte anlässlich des Kooperationsrats EU-Kasachstan am 26. und 27. Februar 2018 in Brüssel ihren Willen unterstrichen, die Entwicklung und Stabilisierung der Region Zentralasien zu unterstützen. Das Interesse an der Vertiefung der Zusammenarbeit mit Kasachstan spiegelt sich neben der erfolgreichen Umsetzung des erweiterten Partnerschafts- und Kooperationsabkommens auch in der neuen EU-Zentralasienstrategie wider, die am 15. Mai 2019 verabschiedet wurde. In diesem Rahmen soll die zukünftige Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Schutz von Menschenrechten intensiviert werden.

Konzeption

Insbesondere das Straf- und Strafprozessrecht sowie das Zivilrecht bilden die Schwerpunkte der Kooperationsmaßnahmen der IRZ mit Kasachstan. Wichtige Partner sind u.a. der Verfassungsrat, das Justizministerium sowie der Oberste Gerichtshof und die Generalstaatsanwaltschaft mit ihren jeweiligen Fortbildungsinstituten.

Im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts waren sowohl allgemeine als auch sehr fachspezifische Themen von Bedeutung. Die Reformen der Jahre 2015 und 2016 in diesem Bereich ziehen immer noch viele Fragen und gesteigerten Weiterbildungsbedarf nach sich. Im Berichtsjahr bot die IRZ Veranstaltungen zum allgemeinen Strafverfahrensablauf, darunter insbesondere zum Ablauf eines Ermittlungsverfahrens, zur Strafgerichtsbarkeit, Terrorismusbekämpfung, Flugsicherheit sowie Korruptionsbekämpfung an. Zu ausgewählten Themen fanden Aus- und Weiterbildungen von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten statt.

Vor dem Hintergrund der geplanten Einführung von Familiengerichten läuft in Kasachstan seit September 2018 ein vom Obersten Gerichtshof initiiertes Pilotprojekt zum Thema Familienrecht. Im Rahmen des Projekts sollen landesweit Familienzentren eingerichtet werden, in denen sich insbesondere junge Menschen beraten lassen können. Das Spektrum der Beratungen ist breit und soll von juristischem Beistand und psychologischer Betreuung über Mediation bis zur Eheberatung reichen. Die Expertinnen und Experten der IRZ unterstützten die kasachischen Partner bei der Durchführung eines Runden Tischs in Nur-Sultan als Fortsetzung der angefangenen Zusammenarbeit im Jahr 2018 zu diesem Thema. Außerdem war das Thema der gerichtsinternen und außergerichtlichen Mediation und des Urheberrechts von Bedeutung. Besonders erfreulich war die Teilnahme von zwei kasachischen Vertretern an der multilateralen englischsprachigen Hospitation für Zivil- und Handelsrichter.

Tätigkeitsschwerpunkte 2019

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Der Internationale Runde Tisch zum Thema „Kinderfreundliche Rechtsprechung“ in Nur-Sultan
  • Seminar „Schutz des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte im Internet“ in Nur-Sultan
  • Arbeitsbesuch zum Thema „Alternative Streitbeilegungsverfahren“ in Erfurt

Öffentliches Recht

  • Seminar zur Verwaltungsgerichtsbarkeit in Nur-Sultan

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Seminar zum Thema „Grundsätze und Verfahrensablauf im Strafverfahren“ in Nur-Sultan
  • Internationale Konferenz zur Strafpolitik und Strafgerichtsbarkeit „Effective criminal policy and modern model of criminal justice system a guarantee of proper protection of the constitutional rights of citizens” in Akbulak bei Almaty
  • Seminar zum Ablauf eines Ermittlungsverfahrens nach dem deutschen Strafrecht in Nur-Sultan
  • Studienreise einer Delegation der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Kasachstan zum Thema „Terrorismus- und Extremismusbekämpfung in Deutschland“ nach Hannover und Celle
  • Arbeitsbesuch für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu Ermittlungsmaßnahmen in Sonthofen, Kempten und München
  • Seminar zur Flugsicherheit in Nur-Sultan
  • Seminar zur Korruptionsbekämpfung in Nur-Sultan

Aus- und Fortbildung

  • Teilnahme eines Juristen am Kurs des Goethe-Instituts „Deutsch für Juristen“ in Bonn
  • Beteiligung einer kasachischen Teilnehmerin und eines kasachischen Teilnehmers an der neunten „IRZ-Sommerschule Deutsches Recht“ in Bonn
  • Teilnahme des Vorsitzenden des Richterbundes der Republik Kasachstan sowie eines Mitglieds des Richterbundes der Republik Kasachstan an der multilateralen IRZ-Veranstaltung der Memorandumgruppe mehrerer nationaler Richterassoziationen in Bonn
  • Teilnahme von zwei kasachischen Vertretern an der multilateralen Hospitation für Zivil- und Handelsrichterinnen und -richter

Ausblick

Die Kooperation mit den kasachischen Partnerinstitutionen wird im Rahmen des umfangreichen Reformprogramms in Kasachstan fortgesetzt. Diese Zusammenarbeit wird auch durch die im Mai 2019 verabschiedete, neue EU-Zentralasienstrategie zusätzlich gefördert. Auch im Jahr 2020 sollen insbesondere das Straf- und Strafprozessrecht sowie das Zivilrecht im Fokus der Kooperationsmaßnahmen der IRZ mit Kasachstan stehen. Es werden auch wieder in gemeinsamen Veranstaltungen verfassungsrechtliche Themen und der Schutz der Menschenrechte aufgegriffen. Darüber hinaus ist geplant, den Informationsaustausch mit dem kasachischen Justizministerium weiter zu vertiefen und Veranstaltungen zum geistigen Eigentum zu begleiten.